überraschungen auf dem neuen camino

mittwoch, 03.10.2018
santiago – sigüeiro (16,5 km)

heute morgen klingelt mal wieder der wecker, denn wir wollen heute den camino inglese starten – rückwärts. in der bar, in der wir damals nach finistere gestartet sind, frühstücken wir wieder. draussen vor der tür treffen wir einen schwaben und eine schweizerin, mit der wir ins gespräch kommen über unsere gemeinsamen camino-erfahrungen. noch ein letzter blick auf die kathedrale (ob wir sie noch einmal life sehen werden?) und dann gehen wir im dunkeln bei laternen-schein los. mit hilfe zweier grober stadtpläne von santiago, dem orts-verzeichnis und den gps-tracks suchen wir den englischen weg. messing-muscheln auf dem gehweg gibt es nicht, blaue camino-fliesen sind sehr selten. so praktiziere ich, was ich auf meinem grossen rückweg gelernt habe: umdrehen ist oftmals hilfreich, vor allem um sicherheit zu bekommen, ob man noch auf dem rechten weg ist.

über eine laute hauptstrasse wandern wir in der stadt aufwärts, mit der zeit werden die häuser weniger. schliesslich kommt die stelle, wo der stadtplan entsorgt werden kann, weil wir über dessen rand hinaus sind. es ist hell geworden in der zwischenzeit und eine bar, die am weg liegt, lädt zu einem zweiten frühstück ein. auf dem weiteren weg machen uns die ersten spanier auf die falsche richtung aufmerksam. erfolgreich können wir ihnen erklären, dass wir start und ziel getauscht haben. anschliessend kommen wir durch ein sehr lkw-lastiges industrie-gebiet, wo wir eine entgegen kommende pilgerin auf englisch ansprechen. nachdem sie zuerst auf englisch geantwortet hat, wechselt sie auf wienerisches deutsch. wir erfahren einiges interessantes über den weg hinter ihr und vor uns und die nächste richtung. ein blick auf das pilger-navi weist auf einen anderen weg hin, also gehen wir ein paar meter zurück. später hält eine autofahrerin an und fordert uns auf, in die andere richtung zu gehen. auch sie können wir umstimmen. dann kommt auch die sms aus deutschland mit der gewünschten nummer für unseren zug-transfer durch frankreich. nun kann der online-kauf der fahrkarte vorgenommen werden. GUTe freunde haben einen sehr hohen wert!

baum zu verkaufenanfangs ist es noch recht kalt, es kommt aber immer mehr die sonne raus. uns fällt auf, dass sie sehr grell scheint. wir haben wieder einen wunderbaren weg-grund, obwohl eigentlich asphalt angekündigt war. es sind nirgends camino-zeichen sichtbar, aber der weg läuft sich super. im nächsten ort sehen wir wieder eine camino-stele, die auf den rechten weg hinweist, der – für uns nach hinten gesehen – auf asphalt verläuft. da hatten wir mit unserer strecke grosses glück gehabt.

immer wieder benötigen wir unser navi, weil wir nur wenige und vor allem sehr alte, verwitterte gelbe pfeile sehen. um handy-strom zu sparen, schalte ich dazwischen das GPS aus. später stellt sich jedoch heraus, dass dies nicht unbedingt notwendig ist. nachdem uns nicht klar ist, ob in den nächsten ein bis zwei kilometern wirklich das angekündigte hotel ist, wo es eine bar gibt, machen wir eine kurze rast.

kurz vor unserem ziel will uns eine spanierin über die hauptstrasse weiter in den ort schicken, der digitale weg stellt sich dann aber als der viel schönere heraus. vorher haben wir schon eine kleine abkürzung durch das navi gefunden. wir treffen relativ früh in sigüeiro ein, suchen eine bar am weg auf um prüfen zu können, ob wir weiter gehen oder nicht – es gibt eine option auf zwei herbergen nach 3,5 kilometern. wir essen zuerst einmal etwas und entdecken dabei, dass direkt neben uns der eingang zu einer herberge ist. renate spricht zwei pilgerinnen aus irland an, um infos zu bekommen und erhält einen englischen pilger-führer geschenkt (die zwei brauchen am ende ihres weges kein zweites büchlein mehr). die beiden gehen zum essen rein und renate setzt sich zu ihnen, so erhält sie viele gute und schöne informationen über unseren weg.

derweil kommen weitere pilgerInnen an, und da wir bleiben wollen, brauchen wir also jetzt zwei betten. wir gehen an die theke, um unser essen zu bezahlen und zwei betten für die nächste nacht zu buchen, aber wir warten und warten. immer wieder werden wir vertröstet, bei mir entsteht der eindruck die wirtsleute sind etwas überfordert. ein engländer, der neben uns ebenfalls wartet – auf seinen pass! – befürchtet, dass er ihn nicht mehr bekommt und er nicht in seine heimat einreisen kann. wir überlegen gerade, ob wir nicht doch weiter gehen, da bekommen wir einen schlüssel in die hand gedrückt und werden von der hospitaliera ums eck in die albergue geführt. dort bekommen wir ein dreibett-zimmer mit handtüchern und bezogenen betten. sie will den personalausweis, sagt sie noch und verschwindet. einfach so gebe ich den hier aber nicht aus der hand. wir duschen und waschen, renate schläft eine kleine runde und ich schreibe.

nachdem im restaurant die mittags-küche geschlossen ist, gehen wir mit geldbeutel, perso und credencial an die theke und warten erst einmal wieder. dann können wir unser mittagessen (was war das alles?) und 30 euro für das zimmer bezahlen. der ausweis bleibt so lange wie möglich in meiner hand, wir werden in die liste eingetragen und bekommen je einen stempel. bei der nachfolgenden stadt-erkundung entdecken wir eine zweite herberge (wäre das die bessere gewesen?) und schauen, wo der camino aus dem ort hinaus führt. einen stadtplan auf einer tafel vergleiche ich mit dem navi, der weitere camino passt.

auf den abend hin wird renates mund wieder heftiger, so überlegen wir, ob wir doch noch aufhören und mit dem bus zurück nach santiago fahren, um dann den heimweg anzutreten. erst einmal wollen wir abendessen, finden jedoch kein geeignetes restaurant (es gibt nur imbiss-buden). also gehen wir zurück zu unserer warte-kneipe, wo wir erfahren, dass es warmes essen erst halb neun uhr gibt. das gibt gelegenheit für einen aperitif, bei dem meine frage nach einem menü del dia negativ beschieden wird, nur nach karte essen ist möglich. als die küche aufmacht, bestellen wir und während wir aufs essen warten, kommt eine grosse pilgerInnen-gruppe (aus der anderen herberge) an und geht an uns vorbei zu einem nebenraum. welche möglichkeiten zu essen bekommen sie? unser essen ist sehr gut, aber wir warten wieder, dass wir noch einen wein bestellen können. renate telefoniert mit sebastian, der angerufen hat, ich warte darauf bezahlen zu können. um halb elf uhr schliesslich kommen wir ins bett, etwas spät für pilgerInnen. trotz nicht gerade guter luft muss unser fenster für die nacht geschlossen bleiben, davor auf der strasse herrscht massenhafter und dröhnend lauter (laster)verkehr.blick auf sigüeiro

zwischen den caminos

dienstag, 02.10.2018 (santiago)

wir schlafen aus. ganz gemütlich lassen wir dann diesen tag in santiago angehen, mit frühstück und schlendern durch die altstadt. den vormittag beschliesst ein besuch des pilger-museums, bei dem wir unsere schweinfurter radler wieder sehen und mit der lautstarken begrüssung das personal etwas irritieren. die scheinen das zu kennen, denn sie greifen nicht ein. das museum zeigt von der historie des jakobswegs und des pilger-ziels santiago bis hin zu den phasen des baus der kathedrale viel interessantes. am eindruckvollsten für uns sind fotos von pilgerInnen auf dem jakobsweg. die wunderbaren aufnahmen zeigen menschen, die unterwegs sind und bestechen durch ihren emotionalen ausdruck. voll mit diesen impressionen verlässt renate das museum früher um sich in der kathedrale in eine bank zu setzen und das gesehene in sich setzen zu lassen. ich komme kurze zeit später dazu, stehe aber zuerst einmal in der schlange vor dem kathedralen-tor und befürchte nicht mehr hinein zu kommen. glücklicherweise geht es aber sehr zügig und das warten lohnt sich absolut, denn zum ende auch dieser messe wird das grosse rauchfass noch einmal los gebunden. alles fühlt sich an wie sonntag.

ruhende pilgerInnen auf dem platz vor der kathedraleanschliessend planen wir die konkreten nächsten pilger-tage. den camino nach porto legen wir ad acta und überlegen, ob wir gleich heimfahren, weil renates oberkiefer wieder mehr stress macht. wir entscheiden uns schliesslich für den kurzen camino inglese. so bleibt nur die frage rückwärts oder vorwärts. wir werden in beiden fällen voraussichtlich fünf tage unterwegs sein und dazu noch einen meer-tag. wir entscheiden uns fürs rückwärts laufen und planen die rückreise mit bus oder zug durch spanien und anschliessend mit dem zug durch frankreich.

die englischen vorbereitungen erstrecken sich auf den kauf neuer getränke-flaschen (mit inhalt) und notfall-keksen, ausserdem füllen wir den geldbeutel wieder auf und ich speichere GPS-daten des weges nach norden auf das handy – immerhin wollen wir ja den weg rückwärts und auch ohne pilgerführer finden. das einzig schriftliche, das wir in der hand haben, ist eine lange liste von orten, durch die wir kommen und den darin möglichen übernachtungen. die lässt sich zwar relativ leicht von hinten lesen, zeigt aber nur sehr ungenau den rechten konkreten weg. dazwischen vespern wir etwas in form von tapas, machen noch einen grösseren spaziergang zum bahnhof, um dort zugfahrkarten von a coruña über santiago nach irun zu kaufen. um die fahrkarten für den französischen zug kaufen zu können, fehlt mir die nummer meiner kreditkarte. die liegt zuhause – was also tun? nach einigen kurzen überlegungen finden wir das nächst-liegende: wir rufen eine gute freundin an und bitten sie, daheim nach dieser nummer zu schauen und sie uns zuzuschicken. und sie gibt uns grünes licht dafür!

auf dem rückweg zum hotel nutzen wir ein am wege liegendes optiker-geschäft, um für renate eine flotte neue lesebrille zu kaufen. zudem legen wir uns einige postkarten und briefmarken an die heimat zu. das abendessen haben wir wieder an der bar unseres lieblings-restaurants, wo wir tapas bei wein geniessen und dem geschäftigen und lauten, aber sehr strukturierten treibenpilgerInnen und touristInnen in den gassen santiagos des personals zuschauen. von ein paar kaliforniern, die auf einen sitzplatz im restaurant warten, erfahren wir unter anderem, wie sie über ihren präsidenten denken. freimütig bezeichnen sie ihn als lier (lügner!)

ein nächtlicher heimweg in unsere nette behausung beschliesst diesen zwischen-tag.

wieder in santiago de compostela

montag, 01.10.2018
lavacolla – santiago (10,5 km, 371 m höhe)

wir haben richtig gut geschlafen, wenn auch irgendwann in der Nacht eine/r lautstark versucht hat, ‚unser‘ wc zu benützen. als wir dann die herberge verlassen und auf die strasse kommen, weht uns der wunderbare duft einer bäckerei um die nase. wir wenden uns nach links (statt rechts richtung camino) und stehen nach wenigen metern vor dem klitzekleinen bäckerladen, den ich gestern bei meinem kleinen erkundungsgang entdeckt habe. wir nehmen ein croissant und eine schokotasche mit, die uns in je ein stückchen papier eingewickelt werden. der weg zur frühstücks-bar ist so weit, dass renate ihr stückchen bis dahin so gut wie ganz gegessen hat, ich halte es in der hand bis ich einen guten kaffee zum frischen croissant bekomme. dort gibt es noch ein croissant, dieses ist jedoch qualitativ weit nicht so wie das erste.

kurz nach acht uhr gehen wir los in eine stockdunkle landschaft. bei einem kleinen weg und einer nachfolgenden holzbrücke hole ich dann doch lieber die stirnlampe raus – wenn ich sie schon im rucksack habe. kurz darauf ziehen wir uns im lichte dieser lampe noch etwas wärmer an. dann wird es langsam hell, die sonne geht auf, aber es ist immer noch recht kalt und ein kräftiger wind weht. aus der ferne hören wir die flieger vom flughafen von santiago starten, wir können aber keinen erspähen – der wind treibt nur das kräftige brummen zu uns (in der letzten nacht hat uns wider erwarten keiner dieser flieger gestört).

kathedrale von santiago aus der fernewieder kommen wir an bekannten orten vorbei, so auch an den radiosendern von galizien und spanien. auf dem monte o gozo weht ein sehr heftiger wind, daher halten wir uns nicht lange auf und gehen schnell weiter den berg hinab richtung santiago. nun erleichtern uns messing-muscheln im gehweg und neue grosse blaue hinweis-schilder das vorwärts kommen. wir sehen wieder die bar, in der wir letztes mal einen kaffee getrunken haben und wiederholen das nochmal.

wir sind nicht weit von der innenstadt entfernt, da kommt plötzlich eine junge frau von der anderen strassenseite freudig winkend auf uns zu. es ist michaela, die wir auf unserer hinfahrt in KA-durlach auf dem bahnhof getroffen haben. sie erzählte damals, dass sie auch den camino gehen wolle und möglicherweise zu einer ähnlichen zeit in santiago sein könnte. was für ein wunderbarer, ja imposanter zufall, dass wir sie doch tatsächlich hier in santiago treffen. morgen fliege sie wieder zurück, erzählt sie und muss aber weiter, ein paar dinge seien noch zu erledigen. wir gehen hinein in die stadt, wo wir das radfahrer-ehepaar von gestern treffen und uns kurz austauschen über die pläne der nächsten tage. sie sind ganz neidisch, dass wir terminlich ein open-end haben, sie müssen pünktlich ihren flieger kriegen.

und dann: wir treffen auf dem vorplatz der kathedrale ein – was für ein glückseliges gefühl wieder hier zu sein und einen camino mit 300 km zu ende gebracht zu haben. die kathedrale hat ihr gerüst abgelegt bekommen und zeigt sich in vollem glanz. noch ist viel zeit bis zur messe, so suchen wir unser früheres kleines hotel in der altstadt. dank renates erinnerungs-vermögen finden wir es recht schnell, buchen zwei nächte und bekommen nebenher noch gute tipps fürs abendessen. wir stellen unser gepäck ab und eilen zur kirche, wo wir gerade so noch zwei sitzplätze bekommen. dabei treffen wir auf véronique, die fünf reihen vor uns ihren platz hat, was ein freudiges wiedersehen mit küsschen-küsschen zur folge hat.

der gottesdienst verläuft ganz in spanischer sprache mit einer kleinen deutschen ausnahme im hochgebet, ansonsten verstehen wir nichts von lesung, evangelium und predigt – schade. zur krönung dieses tages wird – sehnsüchtig erwartet, aber nicht geglaubt – das rauchfass losgebunden, der berauschende abschluss jeder messe in dieser kirche. faszinierend beobachte ich nicht nur, wie das meterhohe rauchfass durch die gesamte kirchen-kuppel schwingt, sondernschwingendes rauchfass in der kathdrale auch die vielen gezückten fotoapparate und handys. viele wollen foto-mässig mitnehmen, wie das botafumeiro in grandiosen schwüngen über die köpfe der pilgerInnen hinweg bis kurz vor das decken-gewölbe und wieder zurück fliegt. renate flüchtet lieber in eine sichere ecke, und wir sind danach der überzeugung, schöner kann ein camino nicht zu ende gehen.

anschliessend suchen wir das pilgerbüro auf, das jedoch umgezogen ist. also wenden wir uns in die andere richtung, in die viele pilgerInnen unterwegs sind. die schlange zum erhalt der begehrten urkunde ist sehr, sehr lang. daher entscheiden wir uns, erst einmal unseren mägen gutes zu tun und folgen dem tipp unserer aktuellen hospitaliera. renate kommt nun doch zu ihren pulpo, während ich die tortilla wähle. es ist ein kleines einfaches, aber sehr gutes essen, das richtig satt macht.

danach im pilgerbüro reihen wir uns in die etwas kürzere schlange ein, renate nützt das warten und geht derweil in die information um unterlagen von möglichen weiteren anschluss-caminos zu bekommen. nach etwas mehr als einer stunde, aber kürzer als gedacht, sind wir an der reihe und geben unsere daten ab, die wir mit unseren stempeln belegen. mit ein bisschen stolz halten wir dann das edle papier der compostela in unseren händen.

nach einem kaffee geht es zurück ins hotel, wo wir uns frisch machen und dann hin und her überlegen, ob der camino portuguese oder der camino inglese unser nächster ist. fürs abendessen entscheiden wir uns für die wiederholung des mittags in der tollen kneipe, diesmal an der bar mit wein sowie tapas, potatoes und einem postres. dabei bestaunen wir die mächtigen fleisch-gerichte, die richtung restaurant-tische getragen werden, und das geschäftige treiben des personals. zudem kommen wir ins gespräch mit wartenden kalifornierInnen, die uns unter anderem offen ihre meinung zu ihrem derzeitigen präsidenten kundtun. abschliessend noch ein kurzer blick zur nächtlichen kathedrale und danach geht nichts mehr ausser ein bett. treppenhaus im hotel von oben gesehen

umrundet von radfahrern

sonntag, 30.09.2018
salceda – lavacolla (18,5 km, 372 m höhe)

mein körper-gedächtnis funktioniert, ungefähr um halb sieben uhr meldet sich meine blase und sehr leise gehe ich zum türlosen WC unseres zimmers. dann lege ich mich noch mal hin und kurz darauf meldet sich der wecker. renate hat weniger gut schlafen können als ich. wir packen und lassen den rucksack stehen bis nach dem frühstück. dieses ist sehr edel im personell gut gefüllten speiseraum, auch die schweinfurter sind schon da. wir sitzen neben kanadischen touristen, die erzählen, dass sie auch in lavacolla übernachten werden. dort hätten sie ein casa reserviert. mal sehen, ob wir uns treffen werden. hier gibt es alles ausser müsli: frischer o-saft, guter kaffee, brot, mini-croissant, kuchen. auch hier sind wir wieder einmal die letzten, die den raum verlassen. wir holen unsere rucksäcke, bezahlen noch kurz unser frühstück und geben den zimmer-schlüssel ab. der chef ist beim abschied sehr freundlich und zutraulich.

zurück auf dem camino beobachten wir kurz darauf drei – von gestern – gut bekannte radfahrer, die auf der strasse vorbei radeln. unser weg führt uns den ganzen tag über auf wenig asphalt, es geht oft durch eukalyptus-wälder. wir sind heute wohl endlich mal schnell und überholen mehrfach eine sehr gemütlich gehende etwas korpulentere pilgerin. plötzlich taucht dann carmen vor uns auf, sie hat wohl eine abkürzung genommen. hat nicht auch damals der chef irgendetwas von einem direkten weg gesagt?

vor pedrouzo, wieder an einem erinnerungs-ort, finden wir heute ein neues grosses ‚gurgel‘-foto, das den ort und seine umgebung aus der vogel-perspektive zeigt. zwei unterschiedliche wege nach und um den ort zeigen die darin angemalten strecken an. kurz darauf finden wir einen karton auf dem weg liegend, auf dem davor gewarnt wird, dass aussen um den ort herum keine bar anzutreffen ist. wir wollen und brauchen eine solche und gehen daher (statt an der hauptstrasse entlang) nach der teilweisen umrundung in den ort hinein. dort haben wir wieder auf dem weg in die stadtmitte ein deja-vue-erlebnis: in der bar, die wir als erstes sehen, haben wir schon mal gesessen, ich sogar noch einmal mehr auf meinem rückweg. leider gibt’s heute nichts rechtes zu futtern, daher gehen wir noch weiter zurück in den ort rein bis zu einer bäckerei – mehrere hundert meter für zwei croissants, aber es lohnt sich. dabei beobachten wir eine gruppe von radfahrern, die auf ihrem t-shirt „NO zu einem bergwerk“ sagen.

viele pilger unterwegsaus pedrouzo hinaus weiter auf dem weg kommen wir an dem plakatkarton-schreiber vorbei, der sich als dauer-pilger im zelt herausstellt. es quälen uns dann etliche radfahrer ohne und mit motor und organisierte gruppen von kettler-radfahrern. wir kommen an eine grosse, gut gehende bar, wo wir einen kaffee trinken und eine rindfleisch-tarte essen, nicht gerade in sehr angenehmer umgebung. beim loslaufen fällt uns ein bus auf, um den herum sich einige wanderer scharen. und dann geraten wir in einen pulk von asiatischen tourismus-pilgern mit kleinen bzw. keinem rucksack und sind froh, dass alle schnell nach santiago wollen. schön, dass wir kurz darauf wieder relativ allein pilgern können. wir umrunden den flughafen von santiago, wo alle gefühlte viertelstunde ein flieger aufsteigt.

startendes flugzeug am himmelin lavacolla finden wir schnell die herberge , aber anders als von uns erwartet ist sie voll. da haben doch noch einige andere pilgerInnen ebenso die unsrige idee gehabt und vorher reserviert. es gibt noch zwei freie doppelzimmer für einen geringen aufpreis, wovon wir dann eines nach besichtigung annehmen. so haben wir ein eigenes zimmer zum ausbreiten, ein eigenes bad, genügend steckdosen und keine schnarcher – das ist der preis allemal wert. also duschen, waschen und dösen in der warmen sonne, während ich mich für einen kleinen spaziergang entscheide. danach gibt es für uns einen aperitif in einer kleinen kneipe und anschliessend ein abendessen in der von aussen edleren. nur haben wir (wieder mal) nicht reserviert, also heisst das zehn minuten warten. kurz davor kommen drei damen ins restaurant und die bardame vertröstet sie auf 20 minuten. wir alle werden in der bar zwischengelagert bis es so weit ist. kurz darauf werden wir ins restaurant gebeten und bestellen: zum ersten suppe und grosse garnelen, was mehr arbeit bedeutet als hunger-stillen. zum zweiten wird fisch serviert, bei dem es wieder eines brillen-tausches wegen der gräten bedarf.

zurück im zimmer, machen wir uns bett-fertig und sind gerade bereit zum licht ausschalten. da geht die tür auf und ein pilger stürmt ins zimmer, in der meinung, dies sei die toilette. als er uns erblickt, dreht er postwendend ab und nimmt die nächste tür in unser bad. nachdem er sein geschäft erledigt hat, schliesse ich unsere toilette und unser zimmer zur sicherheit ab. ich mag es nicht, wenn in dieser nacht menschen nochmals unser zimmer mit einem potentiellen WC verwechseln.rotkehlchen

doppelt hält die erinnerung länger

samstag, 29.09.2018
boente – salceda (19 km, 392 m höhe)

ich habe nicht mehr so gut geschlafen seit irgendjemand irgendwann in der nacht relativ geräuschvoll durch das zimmer gegangen ist. da ich gestern abend dummerweise mein handy im schrank eingeschlossen hatte, habe ich keine uhr parat, um klar zu haben, was es wirklich geschlagen hat.

gegen morgen – gefühlt – stehe ich auf, sehr leise und rücksichtsvoll. anschliessend räume ich im dunkeln meine klamotten und utensilien zusammen und trage meine sachen aus dem zimmer hinaus. auch renate ist wach und macht es mir nach. weil es nur relativ geräuschvoll möglich ist, schliesse ich dann zuletzt den wertsachen-schrank mit hilfe der stirnlampe auf und räume ihn aus. draussen vor der tür des schlafraumes packen wir unsere rucksäcke und gehen nach unten. ich sollte noch mein handy laden und renate muss nochmals zur toilette.

im dunkeln ziehen wir dann los und suchen den weg zur frühstücks-bar. nach einem kurzen abstecher auf einen irr-weg finden wir schliesslich nach spanischen 300 m die bar. dort trifft während unseres frühstücks am nachbfar-tisch ein paar ein, bei dem der dialekt des mannes unsere aufmerksamkeit auf uns zieht. renate spricht ihn an und wir erfahren, dass die beiden aus heilbronn sind, er ist einheimischer und sie ist holländischer abstammung. die beiden haben den camino del norte hinter sich. wieder eimal wird uns deutlich, wie viele landsmänner und -frauen sich hier auf den jakobs-wegen aufhalten.

radfahrer kommen den hohlweg im wald herunterin der heller werdenden dämmerung kommen wir weiter über schöne wege, nur in den dörfern haben wir asphalt unter unseren schuhen. es wird heute relativ schnell warm. es sind heute sehr wenig pilgerInnen unterwegs, deutlich weniger als befürchtet. die ursprüngliche idee von einer bus-fahrt von melide bis kurz vor santiago stellt sich als eher unnötig heraus. die junge welle ist wohl gestern in unserer letzten herberge an uns vorbei geschwappt, dafür begegnen wir vielen radfahrern, teilweise rasend schnell bis gefährlich, aber auch langsame und  besonnene. sogar e-bikes fahren an uns vorbei.

immer wieder kommen wir an bekannten stellen vorbei, die wir vor vier Jahren schon mal gesehen haben. es ist eine schöne erfahrung, auf solche orte zuzugehen oder sie plötzlich zu entdecken. bei einem abzweig, an dem wir überlegen, welchen der zwei camino-richtungen wir einschlagen sollen (offizielle wegweise zeigen in beide richtungen), kommt véronique vorbei. es gibt erst einmal ein grosses hallo, dann die gemeinsame überlegung, welcher weg der wahre ist. sie schaut auf ihre camino-app und entscheidet sich für geradeaus. dem rother lässt sich nichts konkretes entlocken, so entscheiden wir uns spontan auch für geradeaus. dadurch kommen wir in dem folgenden ort an einer übernachtung von vor vier Jahren vorbei, was wieder schöne erinnerungen hervor ruft.

auf unserem nun zweifach gehenden weg bemerken wir viele baustellen, neue herbergen und bars. es hat sich in den letzten jahren einiges getan, das nach noch mehr pilgerInnen auf diesem weg aussieht. und immer wieder treffen wir die zwei heilbronner. in arzua kaufen wir wasser ein und trinken einen kaffee, und wieder sehen wir bekannte mitpilgerInnen. wir gehen an heidi’s home vorbei, eine alternative herberge, die damals geschlossen hatte – sie macht dieses mal erst um 15 uhr auf. jetzt ist es erst kurz vor eins, also gehen wir weiter auf die kurz danach folgende bekannte brücke zu über die autobahn-baustelle. es gibt nun neue angelegte auffahrten, aber mehr auch nicht. fertig ist das noch nicht.

es sind gute wanderwege, die wir gehen können, aber es ist wieder ordentlich heiss. mein hut sitzt in der zwischenzeit mehr auf den ohren auf als auf dem kopf. oft aber halte ich ihn in der hand, wenn wir im schattigen wald gehen. kurz vor unserem ziel vespern wir an einer bar unseren letzten käse mit dem letzten gar nicht so harten brot. in salceda erkennen wir eine plakattafel wieder, die eine private herberge etwas abseits des weges anpreist. der gehen wir nach und wir kommen prompt in der herberge an, in der wir vor vier jahren auch schon übernachtet haben. es ist auch tatsächlich der gleiche hospitaliero, nur etwas dicker, der mir damals nicht sehr sympathisch war. die herberge sei belegt, meint er heute, aber er hätte noch ein doppelzimmer für den gleichen preis. da kommen bei mir zweifelhafte gefühle von vor vier jahren hervor. aber wir nehmen das zimmer.

wir ziehen ein, duschen, waschen, lesen abwechselnd mit der brille, die geblieben ist. und wir warten auf den hospitaliero um zahlen zu können und einen stempel zu bekommen. als es dann soweit ist, stimmt der preis tatsächlich, soweit ist es gut. das verdient einen apéritif, während dessen radpilger aus schweinfurt sich zu uns setzen, die später durch zwei Kollegen verstärkt werden. sie erzählen von ihrem camping-club und davon, welche touren sie mit ihren wohnmobilen machen. und da taucht plötzlich unsere schon verloren gegangene carmen auf, die spanierin ohne englisch. es erfolgt eine herzliche begrüssung, zusammen mit der bangen frage, ob sie noch ein bett bekommt. es klappt und sie verschwindet, um es zu belegen.

wir machen noch einen kurzen spaziergang, weil renates mund gerade wieder schlimmer ist. danach bekommen wir ein sehr gutes abendessen am nachbar-tisch der schweinfurter radler.

carmen kommt kurz zu uns an den tisch und erzählt, sie käme von melide her in einem tag gelaufen. zuletzt gehen wir in unserem kleinen, aber günstigen doppelzimmer zu bett.herbstlicher baum mit überhängendem ast über gebäude

primitivo trifft auf francés

freitag, 28.09.2018
as seixas – boente (20 km, 706 m höhe)

gegen drei uhr in der nacht bin ich wach geworden. alles ist sehr ruhig in diesem schlafsaal mit über 30 belegten betten. ich bemühe mich ganz, ganz leise zu sein bei meinem gang durch den saal auf die toilette. morgens wache ich gegen sieben uhr auf, als pilgerInnen leise ihre sieben sachen packen. zu diesem zeitpunkt müssen erste pilgerInnen bereits unbemerkt fort und unterwegs sein. ich beobachte, wie respektvoll leise und vorsichtig die wachen ihre sachen packen, damit die schlafenden nicht geweckt werden. auch wir packen ganz leise unsere dinge, ich trage den rucksack vor die tür, um dann draussen mit meiner plastiktüte rascheln zu können. in diesem moment macht ein weisshaariger älterer spanier das grosse licht an, ende der respektvollen dunkelheit.

wir frühstücken mit einem teebeutel und einem mini-marmeladen-döschen, das wir noch im rucksack entdeckt haben – und dem gestern aus dem kofferraum erstandenen brot. den kaffee aus dem automaten lassen wir weg, nachdem pilger erzählen, dass dort wohl das wasser fehlt und nur wenig mehr als feuchter kaffeesatz heraus kommt. dann werden die rucksäcke fertig gepackt und wir gehen los. es ist erst leicht dämmrig und vor allem im wald ist es noch recht dunkel.

die wege sind angenehm, es geht auch mal kräftig bergauf, asphalt hält sich in grenzen. unser blick fällt nach vorne wie nach hinten auf täler, in denen wieder anmutig der nebel liegt und auf die sonne wartet.

bei der ersten bar des weges gibt es dann einen aufgebrühten kaffee (wir sind verwöhnt, merken wir hier wieder) und wir treffen alte pilgerInnen-bekannte, darunter friedrich, der sehr ruhig ist – heute ist sein letzter tag auf dem camino. über den letzten sattel geht es dann nur noch abwärts. die sonne verschwindet immer mehr hinter den zunehmenden wolken und es wird kühler.

dafür nimmt der asphalt wieder zu und erste häuser von melide sind am nahen horizont zu sehen. die gehweg-fliesen in form der quadratischen schokolade kommen mir bekannt vor, vor jahren schon sind wir darüber gelaufen. auch der verkehr, vor allem durch lkws nimmt zu – wir kommen wieder in eine grössere stadt.

innen-ansicht einer kirche in melidean einer kreuzung in der innenstadt suchen wir nach zeichen mit der muschel, ein einheimischer beobachtet das und zeigt uns sofort, wo der jakobs-weg entlang geht – und er erklärt uns noch, wie es hinter der kreuzung weiter geht. so kommen wir an einer kirche vorbei, die geöffnet ist. darin freuen wir uns über echte kerzen und es gibt sogar ein gästebuch. danach finden wir auf der suche nach einer bar hinter einem strassen-eck plötzlich véronique und friedrich wieder. wir setzen uns an einen nachbar-tisch und trinken etwas. sehr viele pilgerInnen-gruppen kommen vorbei! wir entscheiden uns, weitere fünf kilometer aus melide heraus, in die nächste herberge zu gehen. so verabschieden wir uns von friedrich, veronique werden wir sicher nochmal sehen.

dann ziehen weiter mit und in massen von – jungen – pilgerInnen, auffällig sind asiatinnen, die voll verschleiert den jakobsweg gehen. der grund dafür ist ein trend im heimatland, möglichst nicht eine sonnen-gebräunte haut zu bekommen. für uns ist nun völlig klar: das ist nicht mehr der camino primitivo, das ist jetzt der (überlaufene) camino francese pur! wir müssen abschied nehmen vom ruhigen primitivo. da will wohl auch mein hut zurück, denn er bleibt an einem tief liegenden ast hängen. auch für ihn scheint ein anderer camino angesagt zu sein. ich bezweifle jedoch, ob der sommer wirklich vorbei ist und nehme meinen hut vom ast wieder auf den kopf.

der weg an sich ist schön, die sonne scheint, aber inmitten der ungewohnten pilgerInnen-schar ist es kaum mehr möglich, mal kurz pinkeln zu gehen. in boente erreichen wir den ortsanfang und plötzlich liegt links am weg die  so genanntedeutsche herberge da. wir benötigen nur eine sehr kurze überlegungs-phase um zu einer entscheidung zu gelangen. im gleichen moment kommt auch véronique vorbei und erzählt uns, dass sie schon eine herberge im ort reserviert habe. wir haben uns entschieden – für die heimat-nahe herberge. wir bleiben dabei auch auf das risiko hin, dass véronique enttäuscht ist.

wir melden uns im restaurant der herberge beim recht gut deutsch sprechenden hospitaliero an. Er wohnte und arbeitete 14 jahre in geislingen und das hört man an dem etwas schwäbelnden deutsch. dann führt er uns in seine sehr moderne herberge mit schönen zimmern und bädern. nachdem wir uns eingerichtet haben, gönnen wir uns einen kaffee und einen (marmor)kuchen. danach nutzen wir auch noch das erdinger weissbier, das es hier gibt. schliesslich können wir bei der hospitaliera unsere wäsche zum waschen abgeben. bis diese sauber ist, nützen renate mehr und ich weniger den pool, in den wir unsere füsse zur entspannung stecken. das tut ebenso auch eine junge deutsche pilgerin aus freiburg, mit der wir dabei ins gespräch kommen. als sie später zum abendessen an unserem tisch vorbei kommt, laden wir sie ein, sich zu uns zu setzen und wir erfahren, dass sie in freiburg medizin studiert. es ist ihr erster camino und wir erzählen ein wenig über unsere camino-erfahrungen. mit der information, dass wir morgen hier kein frühstück bekommen gehen wir zu bett. aber etwa 200 m weiter gibt es wohl eine bar.schön renovierter alter kornspeicher

herbergen im hinterland

donnerstag, 27.09.2018
san román da retorta – as seixas ( 13 km, 580m höhe)

ich wurde geweckt dadurch, dass anderer pilgerInnen in benachbarten zimmern aufgestanden und sich gerichtet haben. aber richtig wach wurden wir durch einen sehr kräftigen regenschauer, dem sich donner zugesellt hat, und damit den regen zur gewissheit gemacht hat. so stehen wir langsam auf und packen gemütlich, in der hoffnung, dass das mit dem regen weniger wird.

unten im frühstücks-raum sitzen ein paar wenige pilgerInnen, der überwiegende teil scheint bereits unterwegs zu sein. es gibt heute (angekündigtes) self-service-frühstück, schlicht und einfach, aber trotzdem vielfältig und ausreichend. während des frühstücks entwickeln sich gespräche mit den zurück geblieben pilgerInnen, die wir in deutsch führen können. ich versuche über das niederschlagsradar mögliche handlungs-optionen zu finden. wir entscheiden uns dann so um neun uhr das regencape überzuziehen und loszulaufen. der wetter-gott mein es gut mit uns, denn im loslaufen hört mit der zeit der regen nahezu auf.

wir pilgern auf schönen wegen im auf und ab und bei ab- und zunehmendem regen. es trifft uns dann wieder asphalt, und es kommt wieder die sonne durch. das macht uns frei, die eukalyptus-bäume wieder mehr wahrzunehmen. wir versuchen den stoff zu riechen, indem wir rinde und blätter brechen und reiben – und eukalyptus riechen wir wirklich. so kommen wir an eine bar und hoffen auf guten kaffee, er ist jedoch ’nur‘ aufgebrüht. leider gibt es nur eingepacktes essbares, das wir gern liegen lassen und dafür den kaffee geniessen.

pilgerInnen auf dem weg zu anhöhe mit windrädernangekommen in ferreira suchen wir ort und restaurant, was beides im rother-pilgerführer angekündigt ist. der ort zieht sich so in die länge, dass er als solcher fast nicht zu erfahren ist und ein restaurant finden wir auch nicht. es ist schwül und wir laufen auf asphalt, so dass wir wieder austesten, wie begehbar die strassenränder sind, um unsere gelenke zu schonen. kurz vor unserem ziel machen wir noch einmal eine kleine vesperpause.

und dann gelangen wir in eine herberge in kommunaler hand, die von einer sehr! resoluten hospitaliera organisiert wird. mit klaren und kräftigen ansagen werden die ankommenden pilgerInnen registriert und auf die betten verteilt. renate versucht mit der frau zu reden und zu erfahren, was es an möglichkeiten zum essen gibt. sie erhält eine wortreiche antwort, aber mit hoher wahrscheinlichkeit hat keine die andere verstanden. der ort ist sehr klein und es soll laut pilger-führer nur eine kleine bar geben. aber auch die gibt es nicht, wir stellen fest, es ist nur ein automat neben der herberge aufgestellt, der mit getränken und zwei fertig-gerichten ausgestattet ist. viele pilger haben damit nicht gerechnet und für das abendessen nichts dabei. die hospitaliera verteilt auf anfrage die information, dass einmal täglich ein fahrender lebensmittel-händler vorbei komme, aber der sei schon da gewesen. später heisst es dann, er komme doch noch vorbei und tatsächlich fährt bald ein tiefkühl-lieferant vor. nachdem er seinen laden aufgeklappt hat, sehen wir, dass er im letzten meter des wagens auch nicht gefrorene waren hat, z.b. nudeln, tomatensosse, konserven, aber auch tomaten, zwiebeln und knoblauch. die auswahl ist begrenzt, aber die schlange, die sich gebildet hat, zeugt von der notwendigkeit und sinnhaftigkeit des fahrzeugs. so ist für uns pilgerInnen das abendessen gerettet. wasser und bier – in der dose – hat der automat. nur – sollen wir noch etwas nudeln oder ravioli fürs frühstück aufheben? auch dieses problem wird schlagartig gelöst, denn es heisst, es käme noch ein bäcker-auto. einige pilgerInnen warten vor dem tor darauf, aber der bäcker lässt auf sich warten. dann kommt doch noch ein variant, der hinten im kofferraum noch eine anzahl von broten in unterschiedlichster grösse vorrätig hat. so ist auch das frühstück halbwegs gesichert, zumal es im automat auch einen warmen kaffee gibt.

in der etwas dürftig eingerichteten küche fangen die ersten an mit kochen. nachdem die beiden töpfe wieder frei sind, fängt renate an, ihre künste mit spaghetti in tomatensosse zu zeigen, die sie mit knoblauch, die sie in der küche findet, aufpeppt. eine junge tschechische pilgerin fragt nach, ob eventuell noch etwas übrig wäre, vielleicht auch für zwei guys, die mit ihr laufen. aufgrund der eingekauften menge ist das überhaupt kein problem. mit spanischem käse, den wir noch im rucksack haben, wird das italienische gericht verfeinert. als es fertig auf dem tisch steht, erscheinen auch die beiden jungs zum essen, sie kommt erst später dazu, aber nicht zu spät. sergej aus moskau, davis aus italien und wir zwei haben für sie noch genügend übrig gelassen. auch alte pilger-bekannte, veronique (die von der bretagne aus auf dem weg nach santiago ist) und friedrich (aus der nähe von berlin) kommen, kochen und setzen sich dann zu uns an den tisch. und so entsteht ein sehr interessantes gespräch mit sergej über die welt, unsere heimatländer und ihre politischen systeme.

kurz vor zehn uhr ist es im schlafsaal, der nun doch ordentlich gefüllt ist, sehr ruhig. nur der spanier, der unten im nachbar-bett von renate schläft, arbeitet dabei immer wieder im wald.wiesen und wälder

pilger auf vier beinen

mittwoch, 26.09.2018
lugo – san román da retorta (19,5 km, 585 m höhe)

wir verlassen unser hotel-zimmer und begeben uns auf die strasse hinunter. die erste bar, die wir ansteuern ist noch geschlossen, daher gehen wir ein stück zurück und versuchen es dort. das gitter vor dem eingang ist halb auf, also gehe ich durch und prüfe, ob die tür auch auf geht. die ist zu und die frau, die drinnen ist, meint etwas mit „alarme“ und ich solle raus. in der zwischenzeit warten wir zu viert darauf, dass sie öffnet. um halb acht uhr spanischer zeit schliesslich kommen wir zu unserem frühstück und kaufen danach noch wasser für unterwegs ein.

pilgerInnen auf nebligen strassen wir ziehen los durch die altstadt hindurch und dann steil abwärts auf asphalt wie wir am vortag nach lugo heraufgekommen sind. wir überqueren den rio mino auf einer brücke, mit ihrem alt-römischen charakter, und dann müssen wir wieder ordentlich auf asphalt aufwärts. lange gehen wir im nebel, von der landschaft ist nichts zu sehen. wir gehen auch wieder am strassenrand entlang, so dass wir jeden nicht abgeschrägten rand nutzen, um etwas weicher gehen zu können.

der nebel verschwindet dann oben relativ schnell und es wird wärmer, so dass wir unser gewohntes aus- und umziehen praktizieren. einem hinweis-schild auf eine etwas abseits gelegene bar gehen wir nach und bekommen dort einen kaffee und tortilla mit ölbrot. auf dem weiteren weg haben wir den eindruck, es scheint heute eine asphalt-etappe zu sein und wir werden dadurch langsamer. wie schon die ganzen tage, nehme ich dann meinen stock waagrecht in die hand, denn auch dieser stösst hart auf dem untergrund auf. aber dann geht’s rechts ab auf einen wunderschönen weg. er ist zwar kurz, aber für unsere füsse erholung und ausgleich. danach haben wir wieder einen deutlich härteren untergrund. auf den letzten asphalt-kilometern vor dem ziel-einlauf machen wir noch eine kurze pause.

die herbergen in unserem zielort sind in einem wäldchen dahinter, aber es zieht sich doch noch etwas. schliesslich steht eine zu unserer rechten, die auf den ersten blick sehr einladend aussieht. wir kürzen die letzten meter über die wiese ab und treten ein. im ge- bis überfüllten aber irgendwie sympathisch eingerichteten aufenthaltsraum melden wir uns an und bekommen zuerst ein doppelzimmer und dann einen kaffee bzw. ein bier. danach ziehen wir in unser heutiges domizil ein, duschen im eigenen kleinen bad und gönnen uns ein nickerchen. anschliessend wird die wäsche gewaschen und aufgehängt. im garten vor dem gebäude treffen wir eine niederländerin, die im odenwald lebt. sie war lange zeit in indien bei der amma, erzählt sie, und möchte nun mit einem kollegen in spanien ein wasser-projekt starten.

im laufe unseres gesprächs kommen zwei pilger zu pferde an. sie zäunen mit einer schnur auf der nebenan liegenden wiese ein karrée ab für ihre pilger-gefährten. später bekommen diese in unmittelbarer nähe der an der leine trocknenden wäsche saftiges gras zum abendessen. damit sie ihre kreise nicht zu weit ziehen, werden sie an der fessel ihrer hinterbeine festgebunden.

aufgrund der kühlen witterung nehmen wir das abendessen drinnen ein. ein verdauungs-spaziergang führt uns noch an der benachbarten kommunalen herberge vorbei. und schliesslich ergibt sich noch ein kurzes gespräch mit jüngeren deutschen pilgern. hier treffen wir auch wieder schon vorher an uns vorbei gezogene pilgerInnen. doch dann geht es hinauf ins bett.gemälde mit dem hospitaliero als pilger

hilfsbereite spanier

dienstag, 25.09.2018
castroverde – lugo (23 km, 587 m höhe, 300 m auf, 430 m ab)

es ertönt ein handy, längere zeit. es reicht zum richtig wach werden. das eigene zeigt 6.34 uhr. also raus aus dem schlafsack und erstmal blase leeren. zurück im dunklen schlafsaal versuche ich erfolgreich mein bett zu finden. aber wach ist wach, also raus, richten und packen. wir ziehen in den ort ein und zur bar, um zum frühstück den besten kaffee des caminos noch einmal geniessen zu können. aber ohne erfolg, es ist noch geschlossen und kein hinweis auf öffnungszeiten sichtbar. also suchen wir eine andere, wo wir frühstücken können. dort tauchen im laufe der zeit auch weitere pilgerInnen auf mit dem gleichen interesse wie unseres.

gut gesättigt gehen wir los in die dämmerung hinein. es ist kalt, so dass eine lange hose und pulli nötig sind. weitere pilgerInnen treffen wir, zusammen gehen wir dem untergehenden vollmond entgegen. und das auf schönen wegen, wo sich uns immer wieder pilgerInnen von hinten nähern und uns überholen. leichter nebel liegt auf den wiesen, was eine wunderbare atmosphäre schafft. lange zeit haben wir den pulli an, denn im schatten ist es recht kalt und es ist noch keine sonne in sicht. mit der zeit überholen uns auch unbekannte pilgerInnen, bei denen wir davon ausgehen, dass sie nicht in castroverde übernachtet haben, sondern in der herberge davor. wir sind doch etwas langsamer als die andern. irgendwann durchflutet leichte sonne die wälder, dennoch weht ein kalter wind und im schatten ist es immer noch recht kalt.

schöner innenhof einer neuen herbergeauf einem grossen plakat an einer hauswand lesen wir plötzlich ‚proxima albergue‘, die eröffnung sei in einer woche. die türen sind auf und wir gehen in den vorhof. es gibt einfachen kaffee und kleine snacks, z.b. leckeren käse mit quitten-schnitten und tortilla. allein vom hof dieser herberge und seiner gestaltung haben wir den eindruck, wir sind eine woche zu früh dran. kurz darauf gehen wir an einer umfangreichen automaten-station für pilgerInnen mit viel infrastruktur vorbei. das wäre die (schlechtere) alternative gewesen, wenn nicht die werbe-kampagne zuvor uns was besseres serviert hätte.

irgendwann später stillen wir auf einem steinquader mit einem kleinen vesper unseren hunger mit einem leicht gehärteten brot und dem restlichen käse. wieder ziehen unbekannte pilgerInnen an uns vorbei. und wieder müssen wir mindestens 1500 m an einer strasse mit teilweise schnellen autos entlang gehen. nach einem weiteren vesper – damit der käse weg kommt – taucht die skyline von lugo auf. erstmal geht es abwärts und dann wieder auf asphalt aufwärts bis zur stadtmauer. wir durchschreiten das tor und versuchen uns auf dem plan einer stadtplan-tafel zu orientieren. da spricht renate ein älterer spanier an, der ein wenig holländisches deutsch kann. er fragt nach unserem ziel und möchte wissen, wo unser reserviertes zimmer sich befindet. und dann geht er, nachdem wir ihm unseren kleinen zettel gezeigt haben, wieder mit uns hinaus aus dem tor bis zu einem platz. dort sucht er dann nach einem türschild mit dem namen des hotels – ohne erfolg. da auf unserer reservierungs-notiz eine telefonnummer steht, bittet er um mein handy und ruft die pension an. dann führt er uns zur gegenüber liegenden seite des platzes hin zu einer unscheinbaren haustür. dort klingelt er und geht mit uns noch hoch in die rezeption. erst als alles klar ist mit unserem zimmer, verlässt er uns wieder.

wir liefern unsere nötigen daten zur anmeldung, beziehen ein kleines zimmer und duschen und waschen. eine kleine tour durch die altstadt mit einem kaffee schliesst sich an. gestärkt schlendern wir durch die strassen zur catedral de santa maría und bestaunen diese. mit ausnahme der elektrischen kerzen, die wir mit kleinen geldstücken anzünden, nein, anschalten können. weiter, in der sonne ist es angenehm warm, im schatten aber recht kalt. vor allem ist es windig, was vor allem gefährlich ist für meinen hut.

nach der runde durch die stadt geht es zurück in die pension, wo wir uns ausruhen für unsere letzten vorhaben des heutigen abends. dafür müssen wir uns gut anziehen, um an diesem gar nicht mehr so sommerlichen früh-abend eine bank und ein restaurant suchen zu können. was wir an letzterem finden, stellt sich als lautes schnell-restaurant für junge spanierInnen heraus. aber die bedienung hilft uns mit englischer speisekarte und ist überhaupt recht flott bei ihrer arbeit.

auf dem weg zurück gehen wir wieder an der massiven römischen stasdtmauer entlang. letztendlich sind wir dann sehr froh, dass wir es nicht all zu weit zu unserem doch deutlich wärmeren zimmer haben.IMG_2058

immer wieder diese hunde

montag, 24.09.2018
o cádavo – castroverde (7,5 km 850m höhe)

so ruhig diese nacht war, so hart war die matratze. so hat nur das entfernte bellen eines hundes und das leise knarren einer tür irgendwo unsere nachtruhe gestört. das brett unter unserem leintuch hat unserer nachtruhe kaum geschadet. der wecker weckt uns (der weg ist nicht lange heute, aber die möglicherweise wieder stechende sonne treibt mich aus dem bett), wir richten uns in aller ruhe und machen noch den abstecher zur bar um etwas zum frühstücken zu bekommen. es gibt dort zwar einen kaffee, aber zum essen nur irgendwelche abgepackten mini-süß-teile. doch plötzlich stehen vor uns zwei kleine teller mit einem kleinen stück kuchen drauf. die dame hinter der theke hat unser zweifeln verstanden. für einen richtigen start in den wander-tag benötige ich jedoch noch etwas. daher vertilge ich zusätzlich einen energie-riegel, den wir vorgestern gekauft haben. kurz noch wasser auf unsere flaschen verteilen, dann geht es los.

wieder bergauf, aber diesmal lange nicht so steil und lang wir an den vortagen. es ist kühl wie immer in den letzten tagen, aber es ist bedeckt und windet mächtig. wenn wir nicht gerade durch den wald gehen, zieht es sehr kalt, so dass ich meinen pulli und renate ihre lange hose anziehen. der wind treibt dunkle wolken über uns weg, aber zu unserer linken schaut immer wieder der himmel durch die wolkendecke durch. auf unserer heutigen strecke gibt es keine einkehr-möglichkeit und doch sehen wir im einzigen ort auf dem weg plötzlich schilder, die auf eine bar hinweisen. in dem offenbar fahrbaren mini-kiosk gibt es den kaffee aber nur aus thermo-kannen, daher wenden wir uns zur linken, weil wir im gleichen moment eine kirche sehen, die offen ist.kirchen-fasade

das nützen wir aus und bekommen dazu noch einen camino-stempel. wir treffen darin auch einen (deutschen) pilger, der uns heute schon mal unterwegs einfach so auf die geschlossenen kirchen spaniens angesprochen hat. wir kommen ins gespräch und tauschen camino-erfahrungen aus. ulrich muss aber in fünf tagen in santiago sein, weil da sein flieger geht. seine zeit reicht aber noch für ein selfie mit mir. und als wir ihn kurz darauf auf dem weg zum dorf hinaus noch einmal treffen, reicht es auch nochmal für einen kleinen persönlichen wort-wechsel. seine frau sei keine wander-freudige, so erzählt er, daher laufe er allein.

wie schon sehr oft an den vortagen bellen uns immer wieder hunde in allen grössen aus den vorgärten an. manchmal erschrecken sie uns heftig mit ihrem plötzlichen lauten bellen. und wenn sie auslauf haben, rennen sie – zum glück – hinter dem zaun parallel neben uns her. gefühlt hat jeder spanische haushalt mindestens einen hund. da uns auch an vielen toren und hauswänden kleine schilder auffallen, die auf alarm-anlagen hinweisen, kommen wir zur ansicht, dass es alles wachhunde sind, die uns vor dem betreten des grundstücks warnen.

kurz darauf erreichen wir noch vor mittag die auserkorene herberge. da sie erst um ein uhr öffnet, spazieren wir durch den ort und finden die bar, die im pilger-führer als von innen deutlich besser als von aussen beschrieben ist. es ist wirklich so, und vor allem ist der kaffee hier, wie angekündigt, der beste, den wir bisher auf diesem camino getrunken haben. es gibt auch frische croissants, so dass wir sie (bar, croissant und kaffee) für das morgige frühstück einplanen. im laden in der nachbarschaft kaufen wir noch etwas vesper-utensilien ein und traben zurück zur herberge. unterwegs und dort treffen wir auf pilgerInnen, die auf einlass warten. wir vespern, schmökern im pilger-führer (wobei meine brille immer wieder von meiner nase auf renate ihre wandert) und renate macht ein nickerchen, dann öffnen sich die pforten. eine neue, moderne, aber eher spartanisch eingerichtete herberge, aber mit viel platz. in zwei schlafräumen stehen je sieben stock-betten. die hoffnung auf eine eher ruhige nacht wächst, auch wenn klar ist, dass in einem kleinen schlafraum auch schnarcher die nacht verbringen können.

zwischenzeitlich sind alle wolken verschwunden und die sonne brennt kräftig vom himmel, nur im schatten ist es deutlich kühler. daher halten wir uns hinter einer großen fensterscheibe der herberge auf, dösen und schlafen, lesen und downloaden, trinken tee und wasser. renate ist der ansicht, es ist weniger ein pilger- und eher ein richtiger urlaubstag. nach einem nachmittags-kaffee suchen wir ein restaurant fürs abendessen und sichern den restlichen proviant für den nächsten tag. zurück in der herberge beobachten wir, wie immer mehr vor allem pilgerinnen ankommen. darunter auch carmen, unsere spanierin ohne englisch, die sich uns gegenüber einquartiert hat. zum zeitpunkt des abendessens suchen wir die von uns auserwählte lokalität auf, finden die aber verschlossen vor. so schauen wir nach der alternative, wo wir aber noch nicht den eingang kennen. aber den finden wir relativ schnell und uns dann ohne mit-esser im speiseraum. eine nette ältere bedienung findet uns trotz des grossen raumes rasch und relativiert unsere schwachen spanisch-kenntnisse, indem sie uns einfach einen teil der menü-auswahl in natura zeigt.

gut gestärkt gehen wir zurück in die herberge, wo inzwischen der zweite schlafraum geöffnet wurde, obwohl, in unserem nicht alle (oberen) betten belegt sind. ich denke, das spricht für den jungen hospitaliero, der nach unserer ankunft auch renate gezeigt hat, wie man ins haus-eigene WLAN kommt.berner-karton im altpapier

mit fuss und bus

sonntag, 23.09.2018
a fonsagrada – o cádavo (12 km, bis paradavella bus, höhe 902 m)

renate hat diese nacht nicht gut geschlafen. es war gestern einfach zu viel. und heute noch einmal über zwanzig kilometer ist nicht sinnvoll. nach diversen überlegungen (alternativen: hier im wochenend-haus bleiben, die nächste nacht oben im ort bleiben, den bus oder ein taxi nehmen und nur eine teilstrecke laufen) beschliessen wir auf jeden fall man auszuziehen, aber nicht wie geplant weiter zu ziehen. wir packen unsere sieben sachen und marschieren nach vorne zum zentral-gebäude in der erwartung, dass wir ins städtchen hoch gefahren werden, wo wir frühstücken können. statt dessen bekommen wir vor ort ein sehr einfaches frühstück, das uns jedoch letztlich klar macht, dass die saison hier eigentlich vorbei ist. während des frühstücks kommt auch das deutsche jung-ehepaar und rechnet ab. sie wollen mit dem bus, der zweimal täglich fährt, bis lugo kommen. abfahrt ist in 20 minuten oben in a fonsagrada. der hospitaliero nimmt uns vier in sein klappriges fahrzeug und fährt hoch. am camino will er uns aussteigen lassen, aber uns zieht es nunmehr eher auch an die bushaltestelle.

dort angekommen steht der bus schon da. sein nächster halt ist nicht unser zielort, also nehme ich meine landkarte des heutigen tages und frage ihn, ob er in einem ort vorher halten kann. kein problem, wir finden ein dorf am camino, wo er uns aussteigen lassen will – also rucksäcke und stöcke hinten rein und wir dann vorne. das ganze kostet knappe fünf euro für uns beide. nach etwa einer halben stunde hält er am vereinbarten ort an, lässt uns aussteigen und zeigt uns mit einem ‚buen camino‘ noch, wo dieser hier abgeht. 

IMG_2017
nun liegen etwa noch zwölf kilometer vor uns mit begrenztem auf und ab. bei stechendem sonnenschein bin ich froh, durch einen lichten wald gehen zu können. an der strasse entlang versuche ich möglichst gut meine der sonne ausgesetzten körperteile zu schützen. 

in der neuen, modernen herberge bekommen wir unser reserviertes zimmer mit bad und geniessen das komfortable ambiente. wir spendieren unserer gesammelten wäsche eine waschmaschine und innerhalb einer halben stunde ist alles wieder sauber und in einer folgenden ganzen auch alles wieder trocken. renate kontaktet mit der hospitaliera, die erzählt hat, dass die herberge seit tagen ausgebucht und sie recht fertig ist. im aufenthaltsraum der herberge im erdgeschoss schauen wir unsere nächsten wander-tage an. wie schon an den vortagen ist dabei etwas neu: wir teilen uns meine brille. ich muss nicht immer vorlesen, denn renate schafft es mit der brille selbstständig zu lesen. nur ich bin dann etwas gehandicapt. von unserem platz aus sehen wir die pilger, die ankommen. und nach einiger zeit bin ich froh um mein privat-zimmer/wc – es sind vor allem männliche pilger, die um einlass und herberge bitten. nach einem kurzen nickerchen trinken wir in der bar einen kaffee und nutzen das wifi für digital-postalische aktionen mit der heimat.

zum abendessen stolpern wir wieder über unser spanisches unvermögen. die (ältere) bedienung ist verständlicherweise weder des deutschen noch des englischen mächtig. zudem kommt sie in ihren menü-aufnahmen beim häkchen setzen mit einem falschen solchen ins schleudern. so bekommen wir im zweiten teil ein anderes essen als bestellt. aber wir erhalten zum wein heute noch wasser dazu und mit ausnahme der pommes ist unsere mahlzeit recht gut. renate bittet die hospitaliera für uns auf übermorgen ein zimmer in lugo zu reservieren. dies wird von ihr prompt und zuverlässig erledigt und wir bekommen die nötigen daten auf einem stück papier von ihr anschliessend überreicht. beim abgang richtung schlafraum lädt renate mich noch zu einem schnaps ein und wir entscheiden uns (etwas zu schnell) für einen grappa. wir hätten uns für einen anderen entscheiden sollen… so ziehen wir uns zurück und legen uns schlafen.
nebel liegt im tal

bar oder nicht bar?

samstag, 22 09.2018
grandas de salime – a fonsagrada (25,5 km, 860 m auf, 470 m ab, 1110 m höhe, pkw zum campingplatz)

froh, aus der sehr nachgiebigen matratze heraus zu kommen, vollziehen wir in aller ruhe die bekannte morgendliche prozedur und versuchen dann, den zimmer-schlüssel loszuwerden. unten ist jedoch alles abgeschlossen, also bringe ich den schlüssel wieder nach oben und lege ihn im zimmer ab. dann suchen wir eine frühstücksbar und gehen anschliessend im dichten nebel wieder aufwärts. wir lassen uns zeit im wissen, dass dies heute eine sehr kurze strecke sein wird. es ist ein genuss im nebel durch die natur zu wandern. oben in castro finden wir zuerst eine 20-köpfige herde junger stiere und kühe,junge kühe und stiere dösen auf der nebligen weide die im nebligen morgen dösen oder wiederkäuen. nur zwei junge stiere messen spielerisch ihre kräfte, um danach zufrieden ihre rangordnung anzunehmen. erst als dann kurz darauf eine noch grössere herde milchkühe an ihrem zaun vorbei getrieben wird, werden alle unruhig und drängeln sich am zaun.

an der herberge angekommen, müssen wir erst einmal personal suchen. und wir erfahren, dass es auf den nächsten 20 kilometern tatsächlich keine übernachtungs-möglichkeit gibt. da das ganze dorf von nebel eingehüllt ist, beschliessen wir, doch noch weiter zu gehen und die lange tour zu wagen. hohlwege und landschaft sind wieder wunderschön. der nebel löst sich auf und die sonne kommt hervor. dann aber geht es quälend lange an der strasse entlang. anschliessend tauschen wir den harten asphalt wieder mit steilen und nicht weniger sonnigen und heissen wegstücken ein. grenz-lienie aus steinen über den wegschliesslich erreichen wir den sattel, an dem sich die asturisch-galizische grenze befindet. wir freuen uns darauf, dass in ganz kurzer zeit abwärts eine bar zu erwarten ist, wo wir eine kaffee-pause einlegen können. im näher kommen stellen wir fest, dass sie geschlossen ist. enttäuscht setzen wir uns neben anderen pilgern auf die aussen stehenden stühle und vertilgen unsere packung notfall-kekse. in wenigen kilometern gibt es ja noch eine weitere bar! aber der aushang davor vermeldet, dass auch diese zu hat. erst übermorgen gibt es dort wieder etwas! die enttäuschung weicht dem ärger. ein kilometer-langer strassen-abschnitt kommt dann noch dazu. renate droht mehrfach mit trampen, aber die autos kommen immer von der falschen seite.

zwischenzeitlich sind unsere wasser-flaschen leer, ohne dass wir sie zwischendurch wieder füllen konnten. in einem kleinen ort sehen wir einen älteren mann in seiner garage sitzen, der seine bohnen verarbeitet. den fragen wir nach wasser. er greift zum bereit liegenden garten-schlauch und füllt uns sämtliche flaschen. dankbar verabschieden wir uns und befeuchten nun innerlich unsere körper.

auf dem abstieg zu unserem zielort bietet uns in der tal-sohle der camino zwei möglichkeiten für den wieder-aufstieg an: ein längerer bogen an der strasse entlang oder ein deutlich kürzerer, aber noch deutlich steilerer direkt in den ort hinein. trotz (oder wegen?) der hinter uns liegenden widrigen wege entscheiden wir uns für kurz und steil. sehr quälend zieht sich das letzte stück heute aufwärts. im wissen, nichts reserviert zu haben und in der hoffnung, wenigstens eines der doppelzimmer noch zu bekommen klopfen wir an der herberge an. aber alles ist hier belegt, auch die einzige pension am ort, so erfahren wir. ich verweise auf das im pilger-führer gefundene camping, wo es irgendwelche häuschen geben soll. der sehr freundliche hospitaliero telefoniert gleich und meldet zurück, dass wir abgeholt werden könnten, aber erst in einer halben stunde (spanischer zeit, wie er betont). er würde meine handy-nummer weitergeben für den rückruf, aber erst mal muss mein gerät wieder hoch gefahren werden. und beim eintippen der nummer streikt es dann noch. wenn’s drauf ankommen muss… – schliesslich klappt’s dann doch noch. auf unsere bitte hin, reserviert uns der freundliche hospitaliero gleich die morgige herberge. wir gehen erst einmal wasser und essbares einkaufen. zurück an der herberge steht bereits ein kleiner alter und klappriger kastenwagen da. nach ein paar sprachlichen widrigkeiten kommt – zum glück – jener freundliche hospitaliero noch hinzu und entwirrt englisch-spanisch alles hin zum guten.

sodann fahren wir im klapprigen fahrzeug deutlich länger als gedacht bergab zum camping. dort erhalten wir zuerst einmal einen likör eingeschenkt! nach registrierung und übergabe von tomaten, wurst, brot und joghurt sowie bett/wäsche werden wir vor unser wochenend-häuschen gefahren. wir haben noch ein bett bekommen, und das in netter umgebung. nach einrichten, duschen und fusspflege setzen wir uns froh zum heutigen kalten abendessen auf die schmale eingangs-veranda des häuschens. im nachbar-chalet ziehen mittlerweile sechs weitere pilgerInnen ein, darunter ein junges deutsches flitterwochen-paar, mit dem wir uns noch ein wenig in unserer muttersprache unterhalten können. dann geht nur noch eines: in die horizontale zum schlafen. stop-schild mit zusatz text

Ups, ich kann nicht mehr lesen!

freitag, 21.09.2018
berducedo – grandas de salime (19,5 km, 630m auf, 960 m ab, 978 m höhe)

die vergangene nacht war herbergs-mässig absolut daneben: statt ordentlich zu schlafen war der mann im unteren nachbar-bett gefühlt die ganze nacht hindurch unterwegs. raus aus der herberge und wieder rein in die herberge, und das wohl am laufenden band!! für renate eine gnadenlose nächtliche tortour. morgens um halb sechs uhr hat er dann als erstes seine wanderschuhe angezogen um danach im gefühlten 5-minuten-rhythmus seinen rucksack vor der tür zu packen. für jedes gepäckstück kam er aber zu seinem bett und ging zurück nach draussen. ich nutzte mein aufwachen durch einen frühen indoor-wc-gang und konnte danach doch noch einmal einschlafen. renate jedoch quälte sich durch die nacht.

nach dem frühstück sind wir viel auf asphalt unterwegs. wie in den letzten beiden tagen ist es morgens noch recht kühl, daher tragen wir doppelte shirts und renate lange hosen. im laufe des sich erwärmenden tages wechseln wir dann die kleidungsstücke. mehrere kilometer geht es in vielen bögen auf der strasse entlang leicht und stetig abwärts und später auf etwas angenehmeren wegen wieder aufwärts. dabei kommen wir durch gelände, in dem stark verkohlte baumstämme stehen im waldes im april des vorjahres einen grossflächigen waldbrand gegeben hat. es ist kein gutes gefühl zwischen den schwarz gefärbten, verbrannten baumstämmen, wurzeln und kiefern-zapfen durch zu gehen. man sagt hier, es sei brandstiftung gewesen, aber genaues erfahren wir nicht – zumal bei unserem sehr begrenzten spanischen sprach-vermögen.

je mehr wir ins tal hinab kommen, desto wärmer wird es und es kommt der zeitpunkt, wo wir weniger kleidung am leib haben sollten. also stöcke ablegen, rucksack herunter nehmen, brillen absetzen, pullover ausziehen und einpacken. dann das ganze retour. oft schon so gemacht, und doch ist es jedes mal etwas anderes. dieses mal ist es dann wirklich gravierend anders. vom pulli befreit ziehen wir weiter abwärts bis zum nächsten halt, der zum glück nicht weit entfernt vom umzieh-ort weg ist. da merkt renate, dass sie ihre brille nicht mehr auf der nase hat! die hat sie zwar extra zwischen die stöcke gelegt, aber dann, weil randlos, übersehen. die flecken, wo wir gewechselt haben, sind überschaubar. also lege ich den rucksack ab und gehe noch einmal hinauf, um die entscheidenden stellen abzusuchen. erst einmal aufwärts mit blick eher am weg-rand (sie könnte ja herab gerutscht sein) und dann noch einmal abwärts mit blick auf den teil des hangs, der in stockgriff-nähe ist. aber nichts! renate kommt auch noch hoch und wir suchen ein drittes mal gemeinsam den weg ab, aber keine brille ist zu finden. FRUST. aber nichts ist ohne sinn – damit trösten wir uns und ziehen weiter talwärts.

dort erwartet uns dann der – schon von weit oben erblickte – grosse stausee. beim queren der staumauer fällt uns auf, wie wenig wasser dieser see hat. zwischen ein und zwei meter tiefer liegt der wasserspiegel als üblich. ist das der regenarme sommer? oder der grosse wasser-verbrauch? oder beides? schliesslich geht es auf der anderen talseite wieder aufwärts – asphaltmässig auf der linken seite der strasse. ein hotel mit restaurant etwas oberhalb der talsohle lädt uns zum pause machen ein. wir genehmigen uns einen kaffee und essen unsere rucksack-kekse, weil die bedienung nicht so motiviert auftritt. aber dafür erkennen wir an den nachbar-tischen pilgerInnen von heute und gestern. beim blättern durch den pilger-führer werde ich zum vorleser.

bis kurz vor der höhe quälen wir uns auf der asphalt-strasse nach oben, jeden gangbaren weicheren seitenstreifen ausnützend. dabei überqueren wir auch das rinnsal, das den stausee speist. kurz vor dem zielort dürfen wir endlich von der strasse runter auf einen viel schöneren fusspfad, der zwar steil, aber angenehm zu laufen ist. in der herberge erfahren wir, dass alle betten belegt sind. aber sie hätte da noch ein zimmer, das sie uns geben könnte, meint die wirtin und hospitaliera. für 30 euro nehmen wir es, froh darüber, etwas bekommen zu haben. das zimmer stellt sich dann doch als etwas dürftig und älter (samt einrichtung) heraus. aber wir haben ein eigenes bad. nur die benutzung des bettes gleicht diesen vorteil wieder aus. die matratze des doppelbettes gibt in der mitte massiv nach unten nach.

bei einem aperitif an der bar treffen wir auch das österreichische paar wieder, das wir am vortag kennen gelernt haben. nach einem kurzen plausch gehen wir auf die suche nach einer möglichkeit zum essen. wir finden im rahmen eines grösseren erkundungsspaziergangs ein restaurant, dem ein hotel angeschlossen ist. dort können wir essen und bekommen auch gleich gesellschaft in form des französischen ehepaars, das wir in den letzten tagen immer wieder getroffen haben. gemeinsam essen wir und erfahren, dass sie beide lehrer für mathematik waren. sie war lange zeit in indien, was für renate sehr interessant ist. die beiden sprechen so gut englisch, dass ich kaum zu französischen brocken komme. und wenn an einem tisch in der nachbarschaft nicht ein paar spanier lautstark karten spielen würden, wäre für mich die konversation noch schöner. aber spanier können sehr laut sein, das haben wir schon vorher erfahren. zuletzt starten wir dann den versuch, eine ruhige nacht auf der sehr nachgiebigen matratze hinzubekommen.zwei esel auf der weide

über den berg

donnerstag, 20.09.18 (heute wird sebastian 34)
pola de allande – berducedo (17,5 km, 1146m höhe, 800m auf, 440 m)

um sieben uhr klingelt der wecker und wir stehen auf und packen. unten gibt es ein sehr kleines frühstück, dann ziehen wir in der verschwindenden dämmerung los – so früh wie nie zuvor auf dem primitivo. aber es geht heute auch über den höchsten berg unserer gesamten strecke. eine zeit lang müssen wir der strasse entlang, dann aber kommen wir auf schönen wegen gute vier stunden vorwärts – ausschliesslich bergauf – mal mehr, mal weniger. bekannte und unbekannte pilgerInnen ziehen an uns vorbei. nur mit einem von ihnen haben wir eine ähnliche geschwindigkeit, so dass wir uns immer wieder gegenseitig überholen. oben auf dem sattel machen wir eine längere pause, wo wir die weite umgebung bewundern und unsere mägen wieder etwas auffüllen.wilde pferde grasen auf der höhe

ich nutze dies auch dazu, die ‚wild’pferde und die blühenden herbstzeitlosen zu fotografieren. der abstieg ist auf den ersten metern heftig: steil und mit vielen kleinen und ganz kleinen steinen. langsamkeit, aufmerksamkeit und konzentration ist angesagt. nach einigen hundert metern wird der bodenbelag besser und der weitere abstieg gestaltet sich etwas angenehmer. abstieg bleibt aber abstieg, das geht in die bein-gelenke. unser franzosen-paar treffen wir immer wieder an, wenn sie oder wir eine pause einlegen. dies nutzen wir auch für kleine deutsch- und französisch-lektionen. kurz vor dem ziel gibt es noch eine kleine pause und dann, angekommen, zuerst einmal die bestellung und belegung von zwei betten. dann gönnen wir uns kaffee, croissant und cerveza (bier), bevor wir uns einrichten, duschen und wäsche waschen. kleine einkäufe und spaziergänge füllen die zeit zum abendessen.

kurz davor lädt und die ältere spanierin carmen, die uns das kleider waschen in spanisch übersetzt hat, zu einem sidre ein und erzählt, dass dies ihr dritter camino sei, und das mit 73 jahren. sie kann nur spanisch. wir nicht, aber wir verstehen alles, was notwendig ist, dank händen und füssen. das gespräch beendet ein pilger-menü (in der hauptsache) für mich und für renate einen salat. im wissen, dass dieser camino mit seinem standard-essen einmal zu ende geht, kann ich auch dieses ‚menü‘ etwas geniessen. am nachbar-tisch haben österreicher gegessen und beim rausgehen spricht renate sie an. sie erzählen, dass es ihr erster camino ist und sie fasziniert von der natur seien.

wir holen dann noch die letzte wäsche rein und machen uns bett-fertig. das einzige männer-klo bei insgesamt 16 betten ist längere zeit besetzt, also ziehe ich mir wieder meine hose an und gehe draussen ums eck pinkeln. und ich bereite mich innerlich auf morgen entsprechend vor, ggf. das freie outdoor-wc benützen zu müssen.
steindorf im hang

wo der weg scheidet

mittwoch, 19.09.2018
campiello – pola de allande (14 km, 390 auf, 470 ab, 808 m höhe)

die nacht war unruhig: ich konnte lange nicht einschlafen und renate ist darin länger wach gelegen. wenn man es positiv sehen möchte, war es gut, dass die nacht schon um halb sechs uhr beendet war. der versuch weiter zu schlafen scheitert. so stehe ich dann auf, um eine der drei toiletten frei anzutreffen. dies gelingt jedoch nicht auf anhieb. so fällt mir nur der pilger-spruch vom vortag ein: ‚über den druck auf die blase entscheidet der ort – vor oder hinter der tür.‘ wieder druckfrei durch die türe hindurch versuche ich noch einmal zu schlafen. das ist erfolglos, also stehe ich auf und reihe mich ein in die im relativ dunkeln packenden pilgerInnen. da immer noch eine pilgerin schläft, macht niemand das grosse licht an – respekt! auch wird so gut wie gar nicht, und wenn, dann sehr leise geredet.

pünktlich zwei minuten nach sieben uhr öffnet die bar zum gemeinsamen frühstück. das besteht aus im öl angebratenen (alten) brot, das wahlweise leer oder mit pfirsich-marmelade bestrichen gegessen werden kann. ansonsten gibt es noch in plastik eingepackte süsse spanische irgendwas-küchlein. wir kaufen noch wasser und brot und verabschieden uns dann herzlich von unseren würzburgern, weil diese heute die lange und hohe strecke über den berg nehmen. wir verteilen dies auf zwei tage, daher ist ein wiedersehen eher unwahrscheinlich.

wir asphaltieren zuerst und gehen dabei an einem (auf pilgerInnen?) wartenden taxi vorbei. dann erwarten uns wieder wunderschöne (wald)wege, wo wir wieder die natur um uns herum bewundern. und zwischendurch geht renate abseits ins natur-WC und zieht sich dann den pulli aus, dabei legt sie ihre brille ins gras und gesellt sich dann wieder zu mir auf den weg – ohne brille! einige momente – dann bemerkt sie es. also gehen wir ganz vorsichtig zurück auf die wiese und suchen diese ab. glücklicherweise sichten wir die fast durchsichtige brille schnell.

wo der weg über die berge abgeht, treffen wir einen jungen pilger, der uns erzählt, dass er zurück läuft. im gespräch mit dem gebürtigen hamburger mit nunmehr spanischem pass, der seit vier jahren caminos macht (und unter anderem auch als hospitaliero gearbeitet hat), kommen uns leichte zweifel, ob ihm noch ein leben abseits des caminos gelingen kann. abwärts in richtung unseres zielorts kommen wir an einer bar vorbei, wo schon unser französisches ehepaar sitzt und vespert. wir trinken einen kaffee und essen zusammen ein käse-bocadillo. dann treffen noch unsere spanier ein, die ein bier und muscheln in öl aus der dose geniessen. und letztendlich stossen auch noch unsere knie-gehandicapten niederländer hinzu.
bar von josé manuelda wir uns in der bar geirrt haben, gehen wir noch etwa einen halben kilometer weiter und trinken dann in der  noch einen weiteren kaffee, um die atmosphäre bei ihm noch mitnehmen zu können. aussen und innen hat er sehr viele flaggen-bänder, innen zudem zwei wände voller verschiedenster uhren (die alle richtig gehen!). zudem ist viel, viel bunter krimskram in und vor seiner bar zu entdecken. die franzosen kommen vorbei und bieten an, uns vor der bar zu fotografieren, was wir ihnen nicht abschlagen können. der wirt spricht englisch und sogar ein wenig deutsch. so habe ich die chance eine kleine spanisch-lektion zu bekommen. zu guter letzt macht er dann sehr gern noch ein foto von uns vor seiner bar.

nun sind es nur noch wenige kilometer bergab bis wir vor unserem hotel stehen, in dem uns gestern der deutsch sprechende spanier ein doppelzimmer reserviert hat. wegen der masse an pilgerInnen waren wir uns nicht sicher, ob wir in der herberge wirklich platz bekommen. heute aber wurde klar, dass der ganz grosse schwung an uns vorbei ist. so geniessen wir zuerst ein zimmer zum ausbreiten unserer sieben sachen und dann ein essen in unserem hotel. dazwischen erkunden wir ein paar schritte weit den ort. vor dem essen gibt es einen sidre als aperitif und während des essens fussballspiele. das pilger-menü hat jeweils mindestens zwei auswahl-möglichkeiten und mundet, allerdings fällt wiederum der nachtisch etwas ab. junge katzen auf der steinmauer

wo sind meine socken?

dienstag 18.09.2018
tineo – campiello (13 km, 910 m höhe)

ein erstes aufwachen findet statt durch einen handy-wecker von nebenan – deutlich früher, lauter und länger als der unsrige. zweites aufwachen dann durch spanisch klingende gespräche ebenfalls von nebenan. dort sind wohl die vier spanierInnen untergebracht, die wir an den vortagen registriert haben. also aufstehen, richten und packen. renate holt die schuhe und zu meinem schrecken sehe ich, das in meinen die sehr guten wander-socken fehlen! ÄRGER! da hat wohl eine/r gewusst, was qualität ist. zum glück hat renate zwei paar wander-socken dabei! das hilft nicht nur meinen füssen, sondern auch etwas meiner stimmung. das frühstück in der hotel-bar hebt diese noch etwas. in einer bäckerei auf dem weg nach oben zum jakobsweg kaufen wir noch brot ein.

panorama tineo im nebel

wir gehen den hang entlang am waldrand entlang und haben einen irre blick hinunter ins tal auf tinea. es wird von nebelschwaden durchzogen und nur die höher gelegenen teile des tales ragen über den nebel hinaus. die sonne scheint auf das ganze und es sieht fantastisch aus. immer wieder bleiben wir stehen, schauen und staunen. bei mir immer noch etwas vermischt mit dem ärger über die geklauten socken. renate will mal etwas mehr füsse beobachten und anderen von den fehlenden socken erzählen. ich wünsche dem träger aufgeschlagene knie mit blut, das hinunter zu den socken läuft oder gebrochene füsse, so dass die socken aufgeschnitten werden müssen. später wünsche ich ihm (oder ihr?) dann auch noch fusspilz. über den wunderbaren weg am waldrand, der weiter währt, wird mein ärger deutlich weniger.

später taucht unten im tal ein grosses industrie-gebiet auf und in renate wächst die angst, dort hindurch in den ort geführt zu werden. doch bleiben wir noch lange oben und sehen es irgendwann später hinter uns liegen. so gestaltet sich der einzug nach campiello relativ unbeschwerlich auf wenigen hundert metern asphalt.

wir entscheiden uns – weil wir relativ früh ankommen – zuerst einen kaffee zu trinken. dies ist möglich in der bar herminia, wo aber dessen wirt auf mich nicht den besten eindruck macht. danach gehen wir zur kleinen herberge, um nach zwei betten zu fragen. wir bekommen aber eine absage nachdem der hospitaliero telefonisch bei italienern nachgefragt hat, ob ihre reservierung noch gilt. das bedeutet, wir müssen zum unfreundlichen wirt zurück, was mir etwas schwer fällt. der jedoch reicht uns sofort weiter an seine frau herminia, die uns freundlich empfängt und uns die gewünschten (unten liegenden) betten in einem umgebauten teil einer landwirtschaftlichen halle gibt. zu diesem zeitpunkt ist der schlafsaal nur von einer weiteren frau belegt.

da es relativ früh am tag ist, legen wir eine wasch-runde ein. „lavar ropa“ übersetzt die nette spanierin uns. anschliessend gut auswringen und aufhängen, dann ist zeit für ein eis. und nebenher kommen pilgerInnen für pilgerInnen die strasse herunter und wir wissen, der schlafsaal wird immer voller. als wir mal schauen, was die wäsche macht, ist er gefüllt mit dem regen treiben vieler menschen. wir besuchen in der anderen herberge unsere würzburger pilger-kollegInnen, die dort untergekommen sind. im innenhof dieser stilvollen herberge verbringen wir die stunden bis die sonne diesen nicht mehr warm halten kann. nach einer kleinen bewegungsrunde zum etwas aufwärmen ist dann gemeinsames abendessen angesagt. an einer langen tafel sitzen an die 30 pilgerInnen und warten darauf, dass essbares aufgetischt wird. bevor dieses geschieht, ist mir klar, dass der abend akustisch ein abenteuer für mich wird – es ist unsäglich laut in diesem raum. unterhaltung in englisch oder gar französisch ist für mich kaum möglich. so versuche ich, wenigstens etwas zu verstehen, was ich aus dem akustischen detöse heraus hören kann. aber es gibt einen feinen gruss aus der küche (mini-zwieback mit lachs- und mayonnaise-creme) und dazu (nicht den besten) rotwein. die anschliessende nudelsuppe und der kohl-kartoffel-eintopf (pote asturiano) kommen dem gruss qualitativ gut hinterher. auch das danach gereichte fleisch mit kartoffeln, von dem wir nur noch wenig essen können (der magen ist voll) schmecken sehr gut. nur der mini-eis-hut als nachtisch fällt wieder einmal deutlich ab.

dafür gibt es (auch für mich, nachdem die meisten pilger weg sind) noch interessante gespräche mit einem jungen camino-ehepaar (sie amerikanerin, er engländer, wohnhaft in london), die auf camino-hochzeitsreise sind. wir reden über den brexit („the train is running and it can no longer be stopped“) und mit einem jungen spanier kommen wir dann noch auf die probleme in katalonien. zurück im dunklen schlafsaal – mit über 30 pilgerInnen voll belegt – der durch einige handys und mini-leuchten trotzdem eine gute orientierung bietet, um das eigene bett zu finden. die qualität der luft und geräusche lassen eine spannende nacht erwarten. in form geschnittene hecke

beachte die zeit und setze deinen weg fort

montag, 17.09.2018
salas – tieno (19,5 km, 720 m höhe)

ich werde wach als im stockwerk über unserem zimmer wohl die gesamte pilgerschar sich auf den weg macht. als es dann wieder leise ist, schlafe ich nochmal ein, bis um sieben uhr dann unser wecker uns weckt. wir richten uns und verlassen die herberge richtung einer bar. bei unserem eintreten fällt prompt der strom aus – ausser einem notlicht hinter der theke ist alles aus. nach kurzer zeit wird es wieder hell, aber es dauert nicht lange, da wiederholt sich das ganze. und dann noch einmal. mit jedem mal schwindet die chance auf einen kaffee immer mehr – ich habe den eindruck, dass die kaffee-maschine die ursache ist. aber es klappt dann doch noch mit strom, licht und kaffeemaschine. da die bocadillos uns nicht anmachen, nehmen wir kleine süsse küchlein. das bezahlen gestaltet sich wieder ein wenig zu einem abenteuer, da ich nur spanische zahlen bekomme und ich die währungs-kombination von euro und cent (noch) nicht drauf habe. als wir uns dann einig sind, bekomme ich zwei plastiktüten mit je einem mini-bocadillo und einer banane überreicht. nun ist für mich auch der etwas erhöhte preis für das frühstück plausibel.

im ersten teil des tages geht es nur bergauf, nicht allzu steil, aber kontinuierlich über zwei stunden. wir gehen langsam und werden daher immer wieder überholt, vor allem von jüngeren pilger-(paaren). es ist ein schöner waldweg, der erst ganz weit oben in asphalt übergeht. zwischendurch bemerke ich mit erschrecken, dass ich keine wasserflasche mehr habe. entweder in der herberge vergessen oder unterwegs verloren, eher das erste, jedoch ist das zweite nicht ausgeschlossen. Nun ist sie weg. fast oben angekommen finden wir eine art bushaltestelle, die als rastplatz ausgezeichnet ist. die kurze pause ist ausgefüllt mit dem verzehr der banane. ganz oben in la espinal kaufen wir im ersten laden zwei nektarinen zum gleich essen und eine kleine flasche wasser zum gleich trinken. ein paar schritte ausserhalb des ladens vermisse ich meinen stock, nach dem bezahlen habe ich ihn an der kasse stehen lassen. die erinnerung an frühere caminos kommt hoch. nachdem ich gecheckt habe, was für ein (papp-süsses) wasser ich ausgesucht habe, muss ich ins nächste geschäft und nach einer weiteren nicht zu grossen flasche mit besserem inhalt suchen.

nach kilometer-weiten schönen wegen treffen wir die spanische gruppe, die uns schon mal aufgefallen ist: ein paar und dazu zwei ältere männer, einer davon etwas korpulent. sie machen eine pause an einem bachbett und halten ihre füsse ins wasser. wir kommen in englisch ins gespräch. nachdem ihnen klar ist, dass wir deutsche sind, erzählt der schlankere der beiden älteren, dass er mit neun jahren deutsch gelernt habe, es aber nicht mehr recht könne. tatsächlich klingt es sehr gebrochen und kratzig. im laufe seiner sätze wird es aber immer flüssiger. schliesslich ziehen wir weiter und machen eine zeit später an einem rastplatz eine kleine keks-pause. dort überholen uns dann nicht nur die spanierInnen aus dem bachbett. als wir gerade am aufbrechen sind, kommt auch eine gruppe von drei niederländern vorbei, die renate schon früher wegen ihrer mutmasslichen knie-probleme aufgefallen sind. nun fallen auch mir die vielen knieschoner bei ihnen auf. nachdem sie merken, dass wir etwas flotter sind, bitten sie uns höflich vorbei. nach einem sportgelände mit schwimmbad kommen wir kurz darauf an einer pilger-statue vorbei, die als sonnenuhr fungiert. darunter steht ein spanischer spruch, dessen übersetzung im rother-büchlein zu finden ist: „Wanderer, beachte die Zeit und setze deinen Weg fort.“

es geht nun bergab nach tinea hinein, das malerisch im hang liegt, zum albergue-hotel. dort werden uns nur betten im oberen stockwerk angeboten, aber es seien noch privado-zimmer frei für den doppelten preis von 18 €. wie die gesamten albergue-schlafräume liegt es auch im keller-geschoss, aber im separaten spa-bereich des hotels. vorbei an sauna und dampfbad (auch für pilgerInnen inklusiv zwischen fünf und sieben uhr) gelangen wir ins zimmer mit einem doppelstock-bett, wo dann renate unten schlafen kann. die dusche hat zwei eingänge, wir teilen sie mit einem nachbar-zimmer. wir können bei noch leerem zimmer duschen. umgekehrt ist das nicht mehr möglich, kurze zeit später steckt ein nachbar-duscher kurz sein gesicht zu uns ins zimmer. später stelle ich, da die luft bei uns im sehr kleinen zimmer nicht sehr gut riecht, unsere schuhe ins allgemeine regal hinaus und stecke die socken mit in die schuhe rein. renate ist derweil in der hotel-sauna, ganz nackig wie sie es in deutschland gewohnt ist. als dann ein mann (in badehose, wie in spanien üblich) auch saunieren will, ist nicht ganz klar, wem es peinlicher ist. den nächsten sauna-gang begeht sie spanisch.

später kaufen wir proviant für den nächsten tag ein und trinken in sichtweite zum hotel einen aperitif. vor dem hotel haben zwischenzeitlich drei flotte britische jaguare geparkt, die nun – vor allem bei (jungen) männern – viel aufsehen erregen. bei einem apfelkuchen planen wir noch ein wenig die nächsten etappen. um halb neun uhr beginnt dann unser reserviertes abendessen, direkt neben den edlen britischen herrschaften, deren edle benzin-kutschen wir gesehen haben. es gibt relativ viel und gutes zu essen, nur der nachtisch ist sehr einfältig: zur auswahl stehen apfel, birne und orange. kuh und ihr kälbchen auf der weide

internationale besetzung auf dem weg

sonntag, 16.09.2018
alto de cabruñana – salas (18 km)

zu fünft in einer 20-betten-herberge, da kann man sich verteilen. die nacht verlief aber nicht ganz problemlos, weil wir beide öfters mal wach geworden und dann auch geblieben sind, vor allem wegen der üppigen und nicht gerade fettarmen nahrungsaufnahme und auch hundegebell in der nachbarschaft.

zum sonntags-frühstück in der herbergs-küche gibt es schwarztee und marmelade auf baguette von gestern. wir ziehen dann los mit dem von hand gezeichneten plan des wirts. die zwei kilometer auf der nationalstrasse gestalten sich ruhig, es ist sonntag früh: ein kleiner tiertransporter von hinten und drei pkw von vorn. nach nachlaufender pilger-hundeinigen kurven und abzweigungen erreichen wir wieder den original-primitivo. in einem dorf läuft uns ein hund nach, der erst von uns ablässt, als wir durchs nächste ziehen. auf dem weg nach cornellana begegnen uns immer mehr pilgerInnen, und im ort ist dann auch die erste bar gefüllt damit. weil diese bar direkt an einer tankstelle ist, entscheiden wir uns, bis zur nächsten zu gehen. dort sitzen auch wieder einige pilger-gruppen an den tischen. aber es gibt noch platz für uns, so dass wir uns ein zweites, eleganteres frühstück gönnen können. es kommen immer mehr pilgerInnen an und vorbei. wir geniessen unseren kaffee und lassen alle vorüberziehen. wieder mal als letzte(?) gehen wir weiter vorbei an der halb verfallenen monasteria, auf der strasse wieder steil in serpentinen aufwärts. oben angekommen werden wir überholt von einer deutsch sprechenden pilgerin, die ihrem wegbegleiter erzählt, dass es für sie als dorf-bewohnerin nicht einfach ist, sich in einer stadt zurechtzufinden. wie wahr!

über einen wunderschönen wilden waldweg durchqueren wir ein kieswerk, an dessen ende uns ein plakat ins auge fällt: albergue de campa – vegetarisches gemeinsames abendessen und hausgemachtes frühstück erzählt uns der digitale übersetzer im handformat. wir haben nun ein konkretes ziel und werden prompt von weiteren deutschen sätzen überrascht. mit den drei würzburgern, die uns beim übersetzen eingeholt haben, gehen wir ein stück und tauschen uns über unsere camino-erfahrungen aus. einer von ihnen meint, dass vor allem deutsche pilger in der regel mit führern pilgern – also mit büchern, denn nicht-papierne führer würden uns nur ins unglück führen.

unterdessen entdecke ich ein schönes fotomotiv und bemerke dann, dass ich meine fototasche verloren habe. da dies erst in den letzten minuten der fall sein musste (beim hantieren mit stock und übersetzern), beschliesse ich den rucksack kurz stehen zu lassen und zurück zu gehen. da sehe ich kurz darauf eine pilgerin kommen, die mit genau dieser tasche wedelt. voll freude und dankbarkeit nehme ich sie von ihr in empfang und bedanke mich ganz herzlich. das ist der camino.

wenige kilometer vor unserem ziel beschliessen wir, nochmals eine kleine pause an einem picknick-platz einzulegen. da treffen wir wieder einen der würzburger, mit dem wir uns gut unterhalten. zwischenzeitlich gesellt sich eine mexikanerin zu uns, so dass wir unsere kommunikation auf englisch weiter führen. so lange bis sich eine weitere pilgerin zu uns gesellt, die die ihr bekannte mexikanerin anspricht. als sie uns deutsch sprechen hört, meint sie vor freude strahlend „oh, meine ersten deutschen hier“. als wir aufbrechen, geht janine mit uns mit und wir erfahren, dass sie aus bremen komme und dass dies ihr erster camino sei. durch das gespräch mit ihr fühlt sich der weg bis salas, unserem zielort, sehr kurz an. am ortsanfang will sie auf eine des spanischen mächtigen begleiterin warten.

wir finden im ortszentrum bald die von uns ausgewählte albergue campa und werden dort mit handschlag und einem glas zitronenwasser begrüsst. allerdings eröffnet uns der hospitaliero nicolas aus holland, dass es heute leider keine küche und kein gemeinsames vegie-essen geben kann. auch das frühstück morgen müsse ausfallen. das von uns gewünschte privat-zimmer sei noch nicht ganz bezugsfertig, ob wir noch zehn minuten warten könnten. in dem moment kommt eine pilger-gruppe an. da er diese begrüssen möchte, fragt er uns, ob wir unterdessen etwas trinken wollen.wir bekommen ein glas wein und setzen uns auf den platz vor der tür. dort treffen wir eine weitere deutsche pilgerin, mit der wir die nächsten etappen über die berge beratschlagen können. und schliesslich bekommen wir unser zimmer und die info, dass der wein gratis sei.

es folgt: einziehen, duschen, einen tisch für das dinner reservieren lassen, tagebuch schreiben und durchs städtchen bummeln.eine viertel stunde vor acht stehen wir im wunderschönen innenhof des hotels und bemerken, dass wir noch nicht hinein dürfen. so verbringen wir die zeit mit prospekte und landkarten anschauen. punkt acht uhr bekommen wir einen tisch und geniessen dann ein pilger-menü, das qualitativ sich sehen lassen kann und von der menge genau passend ist. beim wein ist der unterschied zum essen à la carte zu erkennen: unsere Flasche kommt bereits entkorkt auf den tisch, während am nachbartisch zuerst einmal das etikett gezeigt wird. aber für zehn euro haben wir ein wirklich sehr gutes menü serviert bekommen.

der bar-wirt spricht deutsch

samstag, 15.09.2018
escamplero – alto de cabruñana (21,5 km, höhe 363 m)

da die herberge gestern sich immer mehr gefüllt hat, ist heute früh schon recht viel los auf den drei toiletten. nach drei anläufen zu geschlossenen WCs habe auch ich dann endlich erfolg, renate ist da schon längst durch. in der küche befinden sich keine tassen (logisch, gestern waren auch keine da), so lassen wir den gestern erhaltenen schwarztee weg. wir gehen los und verzichten vorerst auch auf kekse, denn spätestens nach fünf kilometern muss eine bar kommen. es geht anfangs die strasse entlang, aber dann gelangen wir auf wunderschöne waldwege. an einer abzweigung neben einem einsamen haus (bewohnt oder verlassen?) vertilgen wir im stehen die erste keks-ration. da bellt ein hund, also doch bewohnt.

nach kurzer zeit kommen wir zum abzweig einer bar. und kurz darauf stehen wir davor und finden eine italienische pilger-gruppe unserer letzten herberge. während wir käse-bocadillo und kaffee geniessen, können wir uns in ein gespräch mit den englisch sprechenden pilgerInnen verwickeln lassen. venedig, genua und mailand sind die heimat-orte, getroffen haben sie sich auf dem flughafen. nachdem wir die reste unseres frühstücks verpackt haben, ziehen wir weiter, lange zeit auf asphalt. da kommen uns zwei wanderer entgegen – und siehe da, das (ältere) spanische paar ist den camino del norte nach santiago gepilgert und nun auf dem camino primitivo rückwärts nach oviedo.

auch heute haben wir mit total bedecktem himmel angefangen und in der zwischenzeit wird die sonne nur wenig von wolken verdeckt. kurz vor grado schickt man uns auf eine umleitung und in der folge müssen wir entlang der nationalstrasse in die stadt marschieren. dies unterbrechen wir kurz an einer bushaltestelle und etwas länger an einem aus unserer heimat sehr bekannten grossmarkt, wo wir uns mit saft und keksen versorgen. in der schlange an der kasse spricht uns ein spanier an und erzählt uns, dass er viel durch frankfurt gefahren sei auf den weg von zuhause nach vilnius in litauen. er meint dann noch, ins zentrum seien es nur noch 500 meter. es ist etwas mehr, aber wir sind froh, doch eher drin zu sein als befürchtet.

wir genehmigen uns in der ersten bar einen kaffee und überlegen uns, wie die restliche strecke aussehen soll und welche herberge wir anpeilen wollen. und dann – wie üblich in einer stadt – verlieren wir den rechten weg. mithilfe älterer spanierInnen finden wir ihn aber rasch wieder. dann geht es gewaltig steil aufwärts! zum glück nur kurz und danach auf einem schönen weichen weg. es steigt nun immer leicht an, nur noch einmal wird es nochmal so steil wie vorher. im erklommenen sattel machen wir eine kleine vesper-rast an einer verschlossenen kirche. die letzten 1,5 kilometer zum kleinen ort auf dem ‚gipfel‘ sind dann schnell geschafft. an der bar, wo der schlüssel zu holen ist, werden wir vom wirt begrüsst, der bald auf deutsch wechselt und uns die nötigen informationen in unserer heimat-sprache erläutert. in der herberge finden wir in einem schlafraum an die zehn doppelstock-betten, wo wir uns nicht so recht sicher sind, ob sie belegt sind oder nicht. nur ein pilger schläft in einem bett. wir finden etwas abseits ein weiteres stock-bett und richten uns dort hinter spanischen wänden häuslich ein.

nach duschen und füsse pflegen, schreiben und planen sowie etwas dösen gehen wir zum deutsch sprechenden wirt und melden uns offiziell an. es ist selbstverständlich, dass wir uns als aperitif einen sidre bestellen. da wir nur die flasche auf den tisch gestellt bekommen, schenken wir uns selber ein. der abstand beträgt aber nur knappe 30 cm. nebenher müssen wir lautstark das autorennen von oviedo ansehen, dessen vorspiel wir vor kurzem dort live beobachten konnten. schliesslich gibt es abendessen. wir starten mit spaghetti in fischsauce, dann kabeljau bzw. das einheimische cordon bleu, jeweils mit pommes aus echten kartoffeln, angemacht in ordentlich fett. dazu gibt es eine flasche sidre. als nachtisch wird reisbrei bzw. flan gereicht.

für das frühstück bekommen wir zwei beutel schwarztee und zucker sowie marmelade und baguette. das könnten wir morgen in der küche der herberge essen.  rosenblüte

starten in den primitiven jakobsweg

freitag, 14.09.2018
oviedo-escamplero (12 km, höhe 248 m)

gestern sind wir über gengenbach, strasbourg, paris, hendaye und irun hier in oviedo angekommen. nach dem vielen sitzen auf diversen sesseln und sitzen wollen wir nun unsere beine so richtig nutzen. wir haben nach unserer ankunft in oviedo nach herbergen gesucht. in einem still gelegten priester-seminar haben wir – etwas abseits vom camino – dann eine einfache gefunden. dort haben wir dann ganz selbstverständlich ein zwei-bett-zimmer bekommen. zum abendessen sind wir (von unseren pilger-führern empfohlen – in eine sideria gegangen, wo wir unsere erste erfahrung mit dem asturischen sidre gemacht haben. ungefähr einen knappen meter über dem glas wird er aus der flasche eingeschenkt (das muss gekonnt sein!), man bekommt nur wenig ins glas und trinkt das dann in einem zug aus. der sinn der ganzen prozedur ist, dass möglichst viel sauerstoff ins getränk, und damit in den mund kommt. so schmeckt er pur so, als ob er mit sprudel versetzt sei.

der heimweg in die herberge war dann sehr von eile geprägt, weil um zehn uhr die herbergs-tore dicht machen und der weg dorthin sich als etwas weiter heraus gestellt hat als zunächst vermutet. sieben minuten vor tor-schluss waren wir dann da und haben uns in das sehr schlichte zimmer zurückgezogen.

heute ist es dann ein gemütliches aufwachen, richten, packen und losgehen um halb neun uhr – jedoch ohne frühstück. wir sind mit hoher wahrscheinlichkeit die letzten in der herberge und treffen nur noch die in den startlöchern sitzenden reinigungsfrauen an.

IMG_1893

an der kathedrale beginnen wir unseren camino primitivo, den wir nach etwa 500 metern wieder unterbrechen für ein frühstück in einer bar. trotz sprachprobleme bekommen wir ein richtiges kleines frühstück mit marmelade. dann geht’s richtig los, werden aber an einer kreuzung wieder aufgehalten durch das suchen des weiteren weges. ein älterer und ein jüngerer spanier helfen uns gemeinsam: der ältere weiss den weg und der jüngere übersetzt ihn uns ins englische. und kurz darauf entdecken und erinnern wir uns an unsere städtischen umwege des vortages.

eine stunde dauert es, bis wir das stadtgebiet hinter uns lassen können. aus dem asphalt des weges ist nun beton geworden und es dauert einige kilometer bis ein angenehmerer untergrund unsere füße begrüsst. an einer kleinen kapelle machen wir eine vesper-pause. alle sorten von fussgänger kommen derweil vorbei: spaziergängerInnen, tageswanderer, kurzpilgerInnen und echte pilgerInnen.

mit der zeit ziehen sich die wolken etwas zurück und die sonne kommt durch. in einer kleinen bar trinken wir einen günstigen kaffee und treffen dort die kurzpilger-gruppe wieder, eine bunte truppe aus menschen von australien, hongkong und amerika. wir reden mit einem australier, der einen elf-wochen-urlaub in europa verbringt, bis die ganze mann/frau-schaft in drei taxis zurück nach oviedo gebracht wird.

für uns geht es weiter gut bergauf, bis wir schliesslich in escamplero, unserem ziel, ankommen. im restaurant des ortes bekommen wir zwar keinen schlüssel, wie im pilger-führer angekündigt, aber wir werden offiziell als pilger aufgenommen mit stempel in den pilger-ausweis, aufnahme der persönlichen daten in einem dicken pilger-buch und die aushändigung von zwei garnituren dünner stoff-überzüge für die matratzen. in dem ehemaligen schulgebäude sind wir die ersten und haben freie zimmer-auswahl. erst einrichten, dann waschen und duschen und schliesslich etwas vespern – es ist erst vier uhr. eine junge frau aus kalifornien trifft ein und geht aber gleich wieder zum einkaufen fort. während wir die nächste tages-etappe planen, stossen noch drei franzosen zu uns. mit einem kann ich kurz mein französisch etwas testen.

halb sieben gehen wir zum restaurant, wo wir erfahren, dass die küche erst in einer stunde in betrieb geht. also besuchen wir den gerade entdeckten krämerladen und versorgen uns mit nüssen und keksen, die wir auch gleich zur herberge bringen.

bei unserem zweiten versuch ein warmes essen zu bekomen treffen wir auf unsere franzosen, die gerade beim aperitif sind. aufgrund der temperaturen und des windes entscheiden wir uns für einen tisch im haus. dort bekommen wir gleich die englische Karte und bestellen und einen gemeinsamen ‚starter‘ und ein gemeinsames hauptgericht. letztlich bekommt jeder noch seinen nachtisch. zurück in der herberge ziehen wir uns in unser vier-bett-schlafgemach zurück.

warten und fliegen und fahren

kurz nach fünf uhr kommen wir am indira-gandhi-flughafen an. wegen der heiklen park-situation verabschiedet sich unser begleitender father auf der strasse vor dem eingang.
wir gehen durch die erste sicherheits-kontrolle am eingang und warten dann bis kurz nach sechs uhr die check-in-schalter geöffnet werden. nun gehen wir durch den indischen zoll und durch die eigentliche sicherheits-kontrolle und warten dann auf die öffnung des gates. dazwischen finden wir noch ein paar souvenirs und dann warten wir im flieger auf den start, der schliesslich mit viertelstündlicher verspätung erfolgt.
dafür kommen wir eine gute viertelstunde früher in dubai an. wir wechseln auf diesem riesen-flughafen mittels zug-ohne-führer, laufbändern, liften und rolltreppen das terminal (inklusive sicherheits-kontrolle). und wieder warten wir auf die gate-öffnung und den abflug des airbusses A 380, der dann wieder so ruhig in der luft liegt, dass man fast nicht glauben kann, dass man wirklich fliegt. wir vertreiben die zeit im flieger mit essen und trinken, filme schauen und schlafen. und wieder sind wir eine halbe stunde früher im landeanflug auf munich. dort wartet bereits sebastian auf uns, der im internet unsere frühere ankunft schon gesehen hat.
er fährt uns nach augsburg, wo renate bei bekannten wartet. es gibt den letzten fahrzeug- und fahrerwechsel unserer indien-reise und nebenher ein willkommens-glas sekt. müde kommen wir 36 stunden unterwegs-sein in künzelsau an.
welcome to our home

zum schluss happy holiday

zum frühstück gibt mir fr. devasy einen tipp: wir mögen doch unsere übrigen rupien alka, der köchin, geben. ausserdem sei heute ‚happy holiday‘ um zehn Uhr auf dem playground.
bevor ich ins zimmer gehe schaue ich noch geschwind zur haustür hinaus. da sehe ich fr. jinto mit einigen kindern fango spielen. beim genaueren hinschauen bemerke ich, dass dies kein normales spiel ist. sie verteilen sich gegenseitig farbe in gesicht und haare. es ist eine wonne, die kinder und vor allem den father so ausgelassen miteinander herumspringen zu sehen. und ein gedanke setzt sich fest: ich habe frische klamotten für die lange rückreise an. das beisst sich mit den höchstwahrscheinlichen ergebnissen des happy holiday. ich ziehe mich also rasch um und sage ‚meinen‘ frauen bescheid um dann schnell wieder hinunter zu kommen. da drängen fr. francis und fr. jinto schon zum aufbruch.
so ziehen wir nun im ashadeep von haus zu haus, rufen die kinder und schwestern heraus und begrüssen sie überschwenglich mit „happy holiday!“ auch wenn einige von ihnen sehr zurückhaltend sind – es ist für den grössten teil der kinder eine riesen-freude, andere bunte farbe in gesicht und haare zu streiche(l)n. so ausgelassen habe ich fathers, sisters und children noch nie hier gesehen. nachdem alle häuser besucht worden sind, gibt es ein gruppenfoto und happy holiday wird beendet. – vorerst, denn wir müssen uns nun von unserer (wasserlöslichen) farbe trennen. die gebrauchten und farbigen kleider werden nach einer dusche gegen die reise-bekleidung eingetauscht. ich reinige die brille noch gründlich und den fotoapparat so gründlich wie möglich.
happy holi
beim mittagessen erfahren wir, dass wir nicht um mitternacht richtung flughafen delhi aufbrechen, sondern bereits um 16 uhr. wir machen zudem beim bischof noch station, weil er uns bei einem dinner „auf wiedersehen“ sagen möchte. das bedeutet, dass ich nun schleunigst meinen rucksack packen muss, was ich auch in einer guten zeit schaffe.
wir verabschieden uns von alka, unserer köchin und drücken ihr noch unser dankeschön in die hand. margret nimmt sie in den arm und bei ihr fliessen ein paar tränchen.
unser gepäck steht schon pünktlich unten vor der haustür und wird nun in den jeep geladen. nach den abschied von fr. thomas nehmen wir drei wie gewohnt auf der rückbank platz. mit fr. francis am steuer holen wir noch fr. jinto im jungen-haus ab. am ashadeep-tor setzt sich jinto ans steuer und francis daneben. und dann steigt noch fr. devasy vorne ein! er zwängt sich zwischen die zwei, so dass er schliesslich zu einem guten drittel auf dem beifahrersitz und vor allem aber zwischen den auto-stühlen sitzt. der fahrer kann zwar kaum schalten, aber wir kommen auf diese art nicht nur gut durch die kontrolle eines naturparks, sondern auch bis in die bischofs-stadt.
dort gibt es einen kaffee, dann kommt der bischof und das abendessen mit ihm, wobei wir drei allein und exklusiv mit ihm am tisch sitzen.
nach dem abendessen verabschiedet er sich herzlich von uns nach hause, damit sein fahrer uns dann letztlich zum flughafen fahren kann.
bis der wieder da ist, hören wir der chor-probe zu, die für die morgige messe übt. fr. robin (leitung, keyboard) und fr. jinto (bass) sowie vier schwestern üben wunderschöne indische religiöse lieder ein – stimmliche nuancen werden dabei direkt von der audio-datei auf dem notebook abgehört und eingeübt.

unsere abfahrt beendet die probe, es gilt endgültig abschied zu nehmen. dieser fällt sehr herzlich aus, verbunden mit mehr oder weniger ernst gemeinten ‚einladungen‘: „das nächste mal treffen wir uns in germany“ oder „wir lernen deutsch, ihr besseres englisch“.
dann fahren wir um etwa halb zehn uhr los richtung delhi mit unserem senioren-father devasy. bei alt-bischof gratian, einem alten bekannten von margret, machen wir um halb ein uhr rast. er ist im grunde genommen der ur-vater unseres vereins. mit ihm zusammen hat sie – quasi als ur-mutter – damals den impuls gehabt, unseren ashadeep-verein ‚Behindertenschule am Himalaya e.V.‘ zu gründen.
der ursprüngliche plan, nach kurzer pause weiter zu fahren, wird von den geistlichen umgeworfen. stattdessen werden kurz ein paar betten bezogen und nun gibt es eine kurze nacht-ruhe bis um vier uhr.

bete und kaufe

zum gottesdienst gehen wir nüchtern, was meinem befinden stark entgegen kommt.
devasy, der heute zelebrant ist, sammelt zuerst einmal die deutlich weniger anwesenden kinder zusammen, die sich in der kirche verteilt hingesetzt haben. der gesang der wenigen ist heute genauso kräftig wie am letzten sonntag. es wird nur weniger gesungen (schade!), dafür können die kinder bei der predigt verschiedene bilder anschauen.
vor allem aber: devasy begrüsst uns zum beginn des gottesdienstes und bittet uns nach vorne zu kommen. dabei stimmt er mit den kindern das lied ‚happy birthday‘ an und lässt jedem von uns von einem kind eine blume überreichen. im laufe des gottesdienstes tauchen unsere namen immer wieder in gebeten und texten auf.
nach dem frühstück, das bei mir aus zwei bananen und schwarztee besteht, steht der gräberbesuch an: wir gehen bei den elf schmucklosen hügelgräbern von ashadeep vorbei und dann beim columbarium des kinder-hospiz.

am nachmittag kommen wir doch noch ganz unerwartet zu unserer shopping-tour. begleitet von einer lehrerin als beraterin, fährt fr. jinto uns in die nächste stadt, damit wir dort reise-mitbringsel besorgen können. wir erstehen im zweiten anlauf und nach mehrmaligem insistieren schliesslich seidenschals und finden danach (nachdem wir nur autos aus plastik gesehen haben) auch das geschäft mit holz-produkten, das margret von ihren letzten besuch noch kennt. auch hier benötigt es mehrfaches nachhaken, bis der verkäufer doch noch eine grosse dose hervorkramt, damit wir das gewünschte finden.
damit sich die lange fahrt auch wirklich lohnt, nehmen wir noch eine schwester mit, die auf der durchreise ist. zu guter letzt schaut fr. jinto noch beim friseur vorbei. der stadtbummel war also sehr effektiv und hat sich gelohnt – nur unsere lehrer-beraterin geht ohne erledigte aufgabe heim.
zum abendessen steige ich ins ‚fasten-brechen‘ ein und esse nur reinen reis.
dann geht es ans finanzielle: um von fr. francis (und fr. jinto) den preis für unser shopping herauszufinden, muss ich dreifachen anlauf nehmen. als er dann endlich meint, dass er dies übernehme, können wir uns damit nicht einverstanden erklären. als kompromiss erhält er dann unsere übrigen rupien dafür als kleinen ausgleich. zudem übergeben wir ihm gleich einen spendenden ausgleich für alle dienste des ashadeeps, wie kost und logis, maut und diesel, sightseeing und sonstiges.

wenn in aller ruhe alles durch fällt

ich wache kurz nach acht uhr auf und brauche zuerst einmal dringend einen toiletten-gang. zum frühstück ist es mir gar nicht nach frühstück, dafür trinke ich vor allem schwarztee.
dieser tag scheint ein ruhe-tag zu werden, worüber ich wegen meiner heftigen darm-verstimmung sehr froh bin. es ist auch nirgendwo ein father zu sehen. dafür sehen wir viele eltern, die mit ihren kindern im ashadeep unterwegs sind – das sieht nach eltern-sprechtag aus. später erfahren wir, dass die holidays beginnen.
irgendwann erinnert uns fr. devasy ans mittagessen, auf das ich jedoch zugunsten von ein paar tassen schwarztee verzichte.
während später dann anne-rose fr. jinto und seinen neuen kleinen welpen ruso entdeckt, mache ich mich auf den acker am anderen ende von ashadeep. dort soll das internet stabiler sein. und ich habe tatsächlich erfolg und kann den blog fortsetzen. auch auf der toilette habe ich anschließend erfolg.
mit leerem magen, aber überhaupt nicht hungrig, begebe ich mich am ende dieses tages in aller ruhe ins bett.

abreise aus agra

wir haben zum frühstück unsere trip-rucksäcke fertig gepackt und das 2-nächte-zimmer geräumt. danach starten wir zurück in den norden des nordens. wir sind nicht lange unterwegs, da pausieren wir an einer niegel-nagel-neuen schule. wir wissen nicht wo und warum, aber unser fr. robin – er hat im auto einige mal mit „father“ telefoniert – kennt den fr. schulleiter wohl recht gut. er geht sehr offen, aber auch respektvoll mit ihm um. (wenn der inder unterwegs ist, verbindet er viele dinge miteinander.) wir dürfen einen blick in die klassenzimmer werfen, wo gerade die 60 kinder unter der aufsicht ihrer beiden lehrerinnen ihr vesperbrot essen.
das nächste aussteigen aus dem auto ermöglicht uns das grabmal des alten muslimischen moguls akbar. nach einer sehr oberflächlichen sicherheits-kontrolle erleben wir in der grabkammer ein faszinierendes echo. der grabwächter ruft einmal „akbar“und es kommt ein mehrfaches kräftiges echo zurück. und als wir anschliessend durch die wandelgänge (bestehend aus aneinander gereihten kuppeln) gehen, zeigt uns dort eine inderin eine ähnliche angelegenheit: sie stellt sich auf eine fliese genau unter der kuppelmitte und klatscht in die hände – ein mehrfaches echo ist die folge, das sich anhört wie ein zwei-takter-motor. dann soll sich einer von uns in eine ecke stellen während sie sich in die gegenüber liegende ecke begibt. sie sagt relativ leise etwas, aber das ‚gegenüber‘ hört es sehr deutlich. das machen wir in allen möglichen kombinationen mit grosser freude und verwunderung nach.
die weitere fahrt führt uns über den highway, wo es erst zu regnen, dann zu blitzen beginnt – schliesslich fahren wir direkt unter einem sehr kräftigen gewitter durch. wasser steht auf der strasse und die sicht ist schlecht – bei den autos geht die warnblinkanlage an, das licht bleibt aber aus. nach gefühlten zehn minuten ist das schlimmste vorbei. wir erleben noch einen kurz-stau wegen eines unfalls, es scheint aber nicht viel passiert zu sein.
bei einem freund von fr. robin ist um ca. sechs uhr tee-time, abendessen bekommen wir gegen zehn uhr bei einem weiteren freund.
eine halbe stunde nach mitternacht kommen wir schliesslich im ashadeep an.

mausoleum und weltkulturerbe

heute treffen wir den taj mahal. doch vorher bin ich erst einmal allein am frühstücks-tisch. da erscheint father john, der leiter der einrichtung, und unterhält mich bis die anderen kommen.
bevor es spannend wird, besorgt fr. jinto eintritts-karten und wir lassen eine taschen- und körper-kontrolle über uns ergehen. und dann gesellt sich ein guide noch zu uns, der wissenswertes zum taj mahal beiträgt und mit allen unseren eigenen foto-apparaten uns an geschickten stellen mit dem berühmten bauwerk ablichtet.
aber dann sehen wir das imposanteste gebäude, das indien zu bieten hat. riesig und doch zierlich steht das muslimische monument aus marmor mit seinen minaretten vor uns. erst mit dem näher kommen erschliessen sich uns die details der einlegearbeiten, von den mosaiken bis hin zu den schriftzeichen. leider lässt unser guide und die anderen unserer gruppe mir nicht die zeit um die schönsten foto-motive zu finden.
abschliessend gehen wir noch durch die kleinen gassen, in denen ein teil der 20.000 arbeiter wohnte, die in 20 jahren dieses wunderbare werk schufen.

der zweite höhepunkt ist das ‚rote fort‘ – von aussen wuchtig und gewaltig, im inneren aber vielfältig, ja verspielt mit seinen hallen, moscheen und pavillons. auch hier haben wir unseren persönlichen guide, der uns durch den roten baukomplex begleitet.
nur am parkplatz treffen wir wieder auf die gnadenlose realität indischer straßen-verkäufer, die in ihrer massiven penetranz jegliche gelassenheit vergessen lassen können.

das toppen nur noch die von fatehpur sikri: von den parkplätzen bis hinein ins innere dieser so genannten geisterstadt werden wir von ihnen verfolgt. da treten die gebäude und ihre geschichte völlig in den hintergrund. als wir dann wieder im auto sitzen, sind wir froh, dass zwischen uns und den ’sellern‘ sich blech und glas befindet.

beim nächsten aufenthalt in einem konvent kommen wir von diesem stress herunter, als freundliche schwestern uns zur kaffee- bzw. teepause indische leckereien servieren: süsser reis, brat-bananen aus kerala, chicken-soup, gut gewürzte nudeln, ganz kleine kartoffeln und allerlei nüsse.
zurück in agra haben unsere beiden priesterlichen fahrer noch etwas hunger und fragen, was wir möchten. während margret das ruhige bett vorzieht, fahren bzw. gehen wir noch in eine indische bar um dort ein ebensolches bier zu trinken. dazu bestellen die beiden chicken, das dann aber alle essen sollen.

auf indischen strassen

pünktlich zur vorgesehenen uhrzeit geht es los auf einen 3-tägigen trip nach agra. zu unserem fahrer, father jinto, gesellt sich bei einer kleinen unterbrechung ein weiterer fahrer und alter bekannter aus dem himalaya, father robin, dazu.
über typische indische ländliche holper-pisten, 4-spurige highways mit breiten und belebten standstreifen und 6-spurige express-highways fahren wir lange in südlicher richtung, vorbei an den randbezirken von delhi mit seinen rieseigen wohnblocks. sogar auf dem express-highway treffen wir in dunkelster nacht auf völlig unbeleuchtete lastwagen! das ist hier für niemanden ein problem – jeder indische fahrer fährt sehr umsichtig, beobachtet konzentriert seine umgebung und kann jederzeit seine geschwindigkeit so reduzieren, dass man immer aneinander vorbei kommt. auch die bodenwellen auf indischen strassen (die an kreuzungen ampeln ersetzen), die zum langsam fahren zwingen, werden von den fahrern elegant gemeistert: nicht zu früh langsamer werden, aber zur rechten zweit weich beginnend und dann kräftig die bremse treten, so dass direkt vor der welle das fahrzeug die ideale (langsame) geschwindigkeit hat.
in agra angekommen fahren wir erst ein restaurant an zu einem guten abendessen. danach kommen wir – ein kreuzungen weiter – an der missions-station der erzdiözese agra an. wir werden in einfachen zimmern einquartiert und schlafen auf dünnen harten matratzen, die auf holzkästen liegen.

nach dem unterricht zum bischof

die examen – die derzeit in der ganzen schule stattfinden – sind für den heutigen tag bei den kleinen um 11 uhr zu ende. wir können nun mit father devasy, dem senior-priester im ashadeep, bei ihnen vorbei schauen und bekommen vorgestellt, was sie alles gelernt haben. wir kommen gerade vor dem schulgebäude an, als sie sich vor der eingangstür versammelt haben. zusammen mit ihm begrüssen sie uns im chor mit „good morning, madam“ und „good morning, sir“. sehr geordnet ziehen sie dann in den eingangsbereich ein und setzen sich dort auf den boden.
für uns werden drei stühle bereit gestellt, während der father mit den kindern ein lied mit hand-bewegungen singt. es folgt ein abc-lied mit 26 strophen (d wie doctor, n wie night, x wie xmas, …), wobei der jeweilige buchstabe vorne auf einem kärtchen gezeigt wird. für die bzw. mit den gehörlosen kindern wird die gebärde dazu gemacht. danach zählen die kinder im chor mit ihm die zahlen bis zehn. mit mengen-bildern, ziffern-kärtchen und grossem zehner-würfel gibt es ein ratespiel: zuerst sind 3 lehrerinnen dran, dann 3 schüler und zuletzt 3 schülerinnen. die mathematik wird mit einem wettrennen mit 10 kugeln abgeschlossen (erst lehrerinnen, dann jungen, schliesslich mädchen).
in einer weiteren runde sagen die kinder im chor die von fr. devasy gezeigten farben.
im unterricht
nun bekommen wir den auftrag, den in ihre klassenzimmer gehenden kindern je ein bonbon in die hand zu drücken. damit ist schulschluss und die kinder gehen mit ihren plastiktüten und schulranzen zum schulbus. – wir haben grosse pause bis um vier uhr.

dann geht es los in die bischofs-stadt. dort empfängt uns zuerst der ashadeep-chef father francis, der schon vorher ein meeting mit anderen schulleitern beim bischof hatte. wir sehen uns erstmal die bischofs-kirche innen und aussen an. anschliessend haben wir die übliche tee- bzw. kaffeestunde. dann kommt der grosse augenblick – wir werden zum bischof gerufen. wir kennen ihn ja schon von seinem besuch in künzelsau, wo er beim 10-jährigen jubiläum unseres vereins dabei war. in seiner schlichten dienst-kleidung bittet er uns in einen kleinen besprechungs-raum, wie wir ihn schon öfters in schulen oder ordens-konventen gesehen haben. nach einem kurzen warming-up-smalltalk kommt margret zum ersten thema: sie überreicht den mitgebrachten scheck an den für das ashadeep verantwortlichen bischof. es gibt dann die obligatorischen fotos mit der offiziellen deutschen delegation des vereins ‚Behindertenschule am Himalaya e.V.‘
daran schliesst sich die besprechung über die gewünschte verwendung des geldes an. ich übersetze mit hilfe von anne-rose und father francis. beim anschliessenden thema geht es um das ‚jungen-haus‘, wo die geänderte planung des gebäudes abgesprochen wird. auch die vorgesehene finanzierung dafür sowie für die dann folgende ausstattung von therapie-räumen wird geklärt, damit die beantragung bei unserem projekt-partner, dem ‚Kindermissionswerk e.V.‘ anlaufen kann.
zum abschluss des besuchs findet ein abendessen mit dem bischof statt. nach einer herzlichen verabschiedung fahren wir zurück ins ashadeep.

hoch in den himalaya

heute geht es in den himalaya. weil father jinto selbst fährt, ist der beifahrersitz frei, den nun ich einzunehmen habe. und schnell wird mit klar, dass ich mich damit viel mehr im verkehr befinde als vom rücksitz aus. unser fahrer erklärt uns, dass sich in indien strassen und verkehr umgekehrt proportional verhalten: „sind die strassen schlecht, ist der verkehr gut. sind die strassen gut, ist der verkehr schlecht.“
unterwegs wird in einer diözesanen schule der jeep getauscht, währenddessen wir wasser und unterhaltung bekommen. mit einer etwas lockeren beifahrer-sitzlehne geht es weiter, nun immer aufwärts in den himalaya hinein. schilder weisen uns darauf hin, dass langsam zu fahren ist, weil aus diesen imposanten bergen sich elefanten auf die strasse verirren könnten.
ein motorradfahrer kommt uns entgegen, der uns – nach kurzem gespräch mit dem fahrer – zu einem restaurant leitet. father robin wird uns in die berge begleiten. zuvor gibt es ein reiches mittagsmahl, das aus chicken-soup, tandoori-chicken, unangemachtem salat, ciabatta ohne und mit butter, guten sossen und ananas-joghurt besteht.
unser ziel, father robins kirche in lansdowne, liegt auf knapp 2000 m höhe. bis dahin fahren wir durch ein weiträumiges militärgebiet, in dem wir dann eine britische kirche betreten, die doch tatsächlich europäisch anmutende kirchenbänke hat.
bis zum aussichtspunkt lansdowne gehen wir zu fuss und können dort einen fantastischen ausblick in den himalaya geniessen.
ein letztes ziel hier oben ist die diözesane schule, in der 310 schüler von vier ordens-schwestern und sieben lehrern unterrichtet werden. zur begrüssung bekommen wir den üblichen tee bzw. kaffee sowie kekse und ein nuss-sortiment. wir dürfen einen Blick in die relativ kleinen klassenräume werfen. die schüler bis zum alter von 12 jahren haben hier auch einen computer-raum mit acht arbeitsplätzen zur verfügung.
auf dem weg hinab ins tal kommen uns sehr viele – junge und alte – frauen entgegen, die brennholz nach hause tragen.
nach einem weiteren fahrzeug-wechsel geht es nach ashadeep zurück. auf dieser nachtfahrt auf dem beifahrersitz erlebe ich einen weiteren teil des indischen – scheinbar chaotischen – verkehrs.

sonn-tag im ashadeep

der sonntag beginnt mit einem gottesdienst um acht uhr mit ungefähr 150 kindern und ihren betreuern. nach und nach kommen auch nachbarn aus der umgebung hinzu. die dauer der hl. messe mit vorausgehender andacht beansprucht fast zwei stunden. gefühlt ist er längst nicht so lang, weil sehr viel gesungen wird. es sind schöne melodien und die kinder singen kräftig mit, begleitet von einer kleinen rhythmus-gruppe und dem mitklatschen der sängerinnen und sänger. nicht nur textlich haben wir dabei das nachsehen. die predigt wird simultan in gebärdensprache übersetzt.
nach dem frühstück machen wir einen besuch im providence-house. in diesem kinder-hospiz werden vor allem jungen gepflegt, die sonst keine überlebens-chance hätten. die schwestern hier sind trotz ihrer harten arbeit sehr fröhlich.
in den weiteren stunden dieses sonn-tags gehen wir unseren tiefgehenden erfahrungen nach und unterhalten uns unter der indischen sonne darüber, welche möglichkeiten wir mit unserem heimat-verein haben die menschen hier zu unterstützen.

einsatz und engagement indischer christen

dank unseres fahrers und ‚haus-meisters‘ paul, der uns gestern abend noch den hahnen des wassers der kollektoren gezeigt hat, kann nun auch ich heiss ‚duschen‘, d.h. wasser im ein-liter-gefäss über meinen kopf kippen. wenige zeit später fährt er uns, sr. arbita und father cinjo über sehr holprige strassen vorbei an zuckerrohr-feldern, mango-plantagen, eukalyptus- und papyrusbäumen unseren heutigen zielen zu.
das erste in premdham ein pflegezentrum für mehrfach behindere waisenkinder und erwachsene. auch hier zeigen uns ein paar kinder, was sie alles können: sie tanzen und singen. besonders ein älterer junge singt uns in seinem bass ein tolles solo vor. begeistert erfahren wir, welche fähigkeiten in diesen kindern steckt. ein stockwerk höher sehen wir bettlägerige kinder, die voll und ganz auf fremde hilfe angewiesen sind. sie werden hier von schwestern gepflegt und versorgt. alle hoch-achtung und respekt für diese frauen und ihren einsatz. dank ‚unserer‘ sr. arbita und ihrer übersetzungshilfe können wir – nicht nur hier – noch viel differenzierter informationen bekommen.
im nächsten ziel, dem priesterseminar in rishikesh, bekommen wir ein mittagessen, diesmal sogar mit salat. dort treffen wir auch auf eine kanadierin und eine italienerin, die für einige wochen dort mitleben.
der leitende father zeigt uns im nun folgenden touristik-teil zwei hängebrücken über den ganges. den von sr. arbita benutzten ausdruck „schaukelbrücke“ können wir auf den gerade mal zwei Mal breiten brücken dann erspüren. es ist viel los darauf. nicht nur viele fussgänger bevölkern die brücken, sondern auch motorräder queren auf ihr den ganges, was manchen stau verursacht. und dazwischen versucht auch noch die eine oder andere – zum glück kleine – kuh ans andere ufer zu kommen. die kleinen flinken äffchen sind da nicht der rede wert. jeweils auf der anderen seite flanieren wir über die shopping-meile. so bekommt die eine indischen stoff, der andere eine indische telefonkarte. und dazwischen werfen wir einen blick in den ashram, in dem die beatles vor langen jahren einen song über diesen ort geschrieben haben.
nach einer kurzen kaffee-pause in einer kirchengemeinde bekommen wir auf der rückfahrt die gelegenheit ein kleines lichterfest am ganges zu sehen. interessant für uns ist jedoch erst mal die sünden-reinigung von hindischen männern, die dafür dreimal vollständig untertauchen. nicht nur hindi können hier blütenkelche mit kerzen kaufen und diese in der einbrechenden nacht in den ganges setzen. dazu werden grosse fackelfeuer geschwenkt. beim weggehen hat sich bei mir das gefühl gefestigt, dass es hier mehr um kommerz geht als um religiöse rituale.
trotz später heimkehr können wir das für uns auf dem tisch stehende abendessen einnehmen.

auf dem weg mit mehr frei-zeit und für benachteiligte menschen, vor allem kinder und jugendliche