mein tag beginnt – wer hätte das gedacht (ich selbst am wenigsten!) – indem mich mein wecker eine gute halbe stunde vor dem sonnenaufgang leise aus dem schlaf brummt. seitdem in hoch-zeiten des camino-pilgerns regelmässig handys die grossen und kleinen schlafräume weckten, ist das meine abends grundsätzlich auf brummen (vibrieren) gestellt. es kommt aber öfters vor, dass ich vor meinem brummer schon wach bin. aufstehen, toilette und bad folgen. auf nüchternen magen wird der rucksack gepackt. nach dem verlassen der schlafstätte geht es richtung frühstückstisch. immer gut gestärkt (es ist eigentlich immer nur eine frage des was) ist es dann ein leichtes sich den rucksack aufzuerlegen. je nach dem wie freundschaftlich und herzlich der gemeinsame abend war, ist dann auch der abschied… (heute morgen zum beispiel war er mit ‚meiner‘ soeur andrée sehr herzlich und fröhlich.
nun folgt das eigentliche tagwerk: gehen. und schauen, wo welche weg-zeichen sind. dazwischen sinniere ich über die menschen, die ich getroffen habe, spüre den situationen nach und freue mich über die schönen augenblicke. ich lasse gedanken und gefühle kommen und gehen. und dann fällt mir ein, dass ich ja auch noch schauen sollte, ob ich mich noch auf dem rechten weg befinde. ich halte sehnsüchtig ausschau nach dem nächsten zeichen und bin froh, wenn eines auftaucht (und sei es auch nur das gekreuzte ‚verbotener weg‘). die freude ist gross, wenn – wie heute morgen – auf dem weg ein café auftaucht – und sei es auch nur ein kleiner laden, in dem eine kaffeemaschine steht. dann ist zeit für ein zweites frühstück.
was danach folgt ist klar: rucksack auf und weiter gehts. je nach wegbeschaffenheit langsamer oder zügiger, und auf asphalt gezügelter. am schönsten sind die trampelpfade durch die wälder. da lerne oder wiederhole ich dann auch französische vokabeln. die wichtigen notiere ich mir zwischendurch in einem hosentaschen-blöckchen im format DIN-A-7. und schliesslich stimme ich zwischendurch auch ein liedchen an.
heute habe ich gerade noch so wirklich 5 vor 12 noch meine ehrwürdigen ausgegangen schuhe auf die post gebracht. zuhause sollen sie einen ehrenplatz wie auch immer bekommen. damit meine neuen sich nicht zu sehr an den füssen reiben, habe ich auch noch blasenpflaster eingekauft. letztendlich habe ich die kirchentür offen stehen sehen. drinnen habe ich dankbar an liebe menschen gedacht, die mich begleiten oder die ich getroffen habe und habe gegen die widerwärtigkeiten, an denen sie gerade leiden ein kerzlein angezündet. irgendwann um die mittagszeit versuche ich meine französischen kenntnisse telefonisch anzubringen, indem ich mir ein bett für die kommende nacht reserviere.
aber ich möchte ja weiter kommen. also gehe ich wieder auf den weg, und nur ein schönes motiv, das mir vor die augen kommt, stoppt mich. dann wird die kamera gezückt und der auslöser gedrückt. so habe ich zum wiederholten mal esel getroffen. es ist einfach schön wie diese ruhigen und gemütlichen tiere mich mit ihren grossen augen anschauen und mit ihren übergrossen lauschern wackeln.
das ende eines tages wird mit herbergssuche eingeläutet. es ist ein ritual: schuhe aus, vorstellen der häuslichen infrastruktur, information über mahl-zeiten, bett belegen, duschen, fusspflege, wäsche waschen, standort-SMS nach hause schicken, tageskilometer notieren und nächste wegstrecke anvisieren.
örtliche gegebenheiten wie nette hospitalieros und/oder pilgerinnen oder alleiniger bewohner, wlan und/oder direktes internet oder gar nichts – das bestimmt den restlichen teil des tages. nach dem essen (in grösseren herbergen beim ankommen) bekommt die pilgerin den stempel und entrichtet ihren finanziellen beitrag für die herberglichen dienstleistungen – entweder vorgegeben oder auf spendenbasis (donativo).
ganz am ende – natürlich: zähne putzen und wecker stellen.