wo ist das original?

wenn ich in den tagen meines rückwegs (besonders seit le puy studiere ich die wanderkarte genauer) die karte sehr genau angeschaut habe, dann habe ich entdeckt, dass der optimale und geschickteste weg manchmal nicht der jakobsweg ist, sondern eine strasse. so habe ich mir einen an- und abstieg erspart oder auch einmal ein paar hundert meter bzw. den einen oder anderen kilometer.

das macht nachdenklich! schon in spanien und auf dem ersten französischen teil ist mir aufgefallen, dass der jakobsweg eher umständliche umwege macht. der straßen-verkehr dagegen folgt dem geschickteren und dem gelände angepassteren verlauf. nachdem mir das aufgefallen ist und ich dieses ‚phänomen‘ öfters beobachtet habe, haben mich immer wieder einige fragen beschäftigt:

welches ist das original? was war am anfang in mittelalterlicher zeit? wann und aus welchem anlass wurde der weg geändert? wer hat das entschieden? ich habe versucht antworten zu finden, die hier verkürzt dargestellt sind.

die vielen mittelalterlichen pilger haben den leichtesten und kürzesten weg gesucht! nach der erfindung des motorisierten verkehrs nutzten die straßenbauerinnen die wunderbaren vorgaben der pilgerwege. die motorisierten wurden mehr und haben auf den alten pilgerwegen immer mehr die fussgängerinnen verdrängt. für die pilgerinnen wurde der moderne verkehr immer gefährlicher (und für die autos wurden die pilger immer mehr zum hindernis). da in der zwischenzeit viele landwirtschaftliche und wanderwege entstanden sind, wurden die pilgerwege auf diese verlegt. ecken und längere (um)wege waren dabei für die planer kein problem.

heute wird die pilgerin über den berg oder über irgendwelche feldwege geleitet, während die autofahrerin über den möglichst horizontalen und kürzesten weg geführt wird. wenn man es recht bedenkt – eine farce (franz. streich, spass). der spass ist da eher bei der autofahrerin als bei der pilgerin.

 

erster schnee und weihnachtsmarkt

als ich loszog, regnete es noch. kurze zeit später wurden aus den regentropfen kleine schneeflocken. mir kamen spontan meine (ehemaligen) schüler in den sinn. diese erfahrung des ersten schneefalls konnte ich jährlich machen: irgendjemand in der klasse ruft ‚es schneit!‘ und von diesem moment ist an eine fortführung des unterrichts vorerst nicht mehr zu denken. je nach alter drehen sich nur die gesichter richtung fenster oder aber viele springen auf um die ersten flocken genauer sehen zu können. ich bin heute zuerst einmal nur stehen geblieben und habe geschaut.

im laufe des weitergehens hörte dieser erste leichte schneefall dann irgendwann auf. da mein weg in niedrigere regionen führte, sind es dann nur regentropfen gewesen, die mein haupt benetzten.

am ende dieses tages erwartete mich eher ein hotel als eine gite. die letztere und ein chambre d’hôtes gab es nicht, also blieb nur die übernachtung im hotel. das gönne ich mir aufs wochenende. und weil ich davon ausging, dass in der nebensaison irgendein zimmer frei ist, habe ich auch nicht reserviert.

schon aus der ferne hörte ich fröhliche festmusik erschallen. hier scheint gefeiert zu werden. nun hoffte ich, dass sich dies nicht auf die hotel-belegung auswirkt. als ich durch die strassen der stadt ging, ertönte musik aus lautsprechern an den  laternenmasten. das scheint typisch für frankreich zu sein. bei einem fest werden die strassen der stadt beschallt. eine heimelige atmosphäre entsteht. in der stadt ist an diesem wochenende weihnachtsmarkt.

kommen da auch leute von auswärts, die über das ganze wochenende bleiben wollen – und ein hotelzimmer buchen? – es ist so! alles belegt! aber das war kein problem. am empfang wird telefoniert, einmal, zweimal, dreimal: einverstanden mit einem zimmer zu 30 €? d’accord! in einer stunde werde ich hier abgeholt und in den nächsten ort zu meinem zimmer gebracht.

also ging ich über den kleinen markt und erlebte gerade noch den umzug von trachtengruppen und blasmusik mit. und danach gab es zwei crêpe. früher als angekündigt wurde ich abgeholt und in eine gite im nächsten ort gefahren. ich hatte ein bett und bekam ein gutes und reichhaltiges abendessen dazu.

spanische verhältnisse

auf dem jakobsweg irgendwo zwischen le puy und cluny muss der geburtsort gewesen sein für die redensart ‚das kommt mir spanisch vor!‘ es war wohl mindestens eine pilgerin vorher in spanien den camino francese richtung pyrenäen gelaufen und sie hat sich laufend nach den gelben pfeilen umgedreht um den weg zu finden. nachdem die pilgerinnen le puy in richtung cluny verlassen haben, müssen alle das gleiche gefühl gehabt haben: dieser weg ist für die andere richtung gemacht!

wie in spanien habe ich in den letzten tagen mich umgedreht um die kleinen (ca. 4 x 4 cm) schildchen mit der gelben  muschel zu suchen. ich habe an gabelungen und abzweigen die mindestens zwei möglichkeiten ‚angelaufen‘ um den richtigen weg zu finden. ich habe im ausschluss-verfahren die wege mit der durchgestrichenen muschel gesucht. dieser jakobsweg ist nur von cluny nach le puy angenehm zu pilgern.

zudem bin ich froh, dass ich gute wanderkarten im pilgerführer habe. sie erleichtern es mir sehr den weg zu finden. und ich bin sehr froh darüber, dass ich dieses kleine GPS-fähige teil mit mir habe – bestückt mit einer französischen karte, die sich bis in die kleinsten strassen hinein zoomen lässt, und einem so genannten track dieses pilgerweges. ich wäre ohne dieses kleine digitale wunderding an einigen stellen total verloren – im wahrsten sinn des wortes! ein hoch auf die moderne digitale technik.

auch heute (wie in den vergangenen tagen) habe ich irgendwann die kleinen schildchen nicht mehr gefunden. und als die karte mir nicht weiter half, habe ich mich durch das GPS orten lassen. dann brauchte ich nur zu schauen, wo die jakobsweg-strecke ist. wenn ich nur ein klein wenig auf irgendeinem weg gehe, sehe ich an der bewegung des GPS-pfeils, ob ich mich in die richtige richtung bewege. war ich wieder zurück auf dem weg, schaltete ich das ding wieder ab. so hütet mich das handy vor dem verirren, wenn ich im wald den rechten weg verloren habe. erst seit zwei, drei tagen helfen mir zusätzlich die gelb-weissen zeichen. die sind nach beiden richtungen aufgestellt. ein dank den menschen, die sich diese mühe gemacht haben. hoffentlich hab ich diese zweifarbigen streifen noch eine weile.

burgherr für eine nacht

ich brauche dringend handschuhe! wenn, dann muss ich sie hier in der stadt einkaufen. aber das sportgeschäft in der stadt hat 10 minuten nach 9 uhr immer noch nicht auf.

ich frage jemanden nach einem anderen. das sei im banlieue (vorort), 2 – 3 km von hier, aber leicht zu finden, immer gerade aus. ich gehe, aber das geschäft kommt nicht. ich frage eine junge mutter. ein ordentliches stück zurück müsse ich, dann zweimal nach links – das hört sich weit an, aber ich brauche handschuhe. also laufe ich los – bis hinter mir eine frauenstimme ruft: ‚monsieur, des gants?‘ als ich mich umdrehe, steht ein auto auf dem gehweg und die junge mutter von vorher hält mir die tür auf. und dann fährt mich die junge familie direkt vor das geschäft. ich steige aus, nicht ohne dass der junge vater mir noch den weg in die innenstadt zeigt.

und heute habe ich glück mit dem anruf-beantworter – ich werde zurückgerufen und kann übernachtung und verpflegung am telefon klarmachen (die zweite hälfte in englisch). am ziel angekommen, stellt sich dann heraus, dass ich den berg hoch muss zur burg hinauf.

ich werde oben schon erwartet und bekomme in den gemächern ein 6-bett-zimmer. hier stimmt alles: dicke steinwände, hohe balkendecke, dicke holztüre, nur die heizung und das licht sind elektrifiziert. dafür ist der speisesaal und das bad nur über den burghof zu erreichen. das essen bekomme ich dafür per liefer-service gebracht.

ab fünf uhr bin ich der einzige bewohner dieses ehrwürdigen alten gebäudes hoch über der stadt. leider – denn nun muss ich alles ohne diener u. a. hilfspersonal alleine machen. aber für einige stunden habe ich die schlüssel-gewalt über die prieuré (hier hatte der vertreter des abtes dessen aufgaben gegenüber der bevölkerung zu übernehmen).

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winter-wetter auf dem weg

nebel ist üblich seit einiger zeit. den ganzen tag über laufe ich im nebel, der mal dichter ist und mal weiter sehen lässt. mal sehe ich kaum 50 m weit. aber ich mache ja keine sightseeing- tour, sondern einen winter-pilger-weg.

diese nacht war ich auf ca. 1000 m höhe. das wird mir deutlich, als ich vor die herberge trete. die stufen vor der haustür sind etwas rutschig. auf der strasse wurde wohl gestreut, aber der (asphaltierte) weg in den wald nicht. da war nur auf dem seitenstreifen mit gras ein sicheres vorwärtskommen möglich. das heisst aber auch, dass steine und wurzeln auch rutschig sind. das wird was geben! so komme ich deutlich langsamer vorwärts als sonst. in einem kleinen weiler, durch den ich komme, sind alle strassen total vereist.

einen vorteil allerdings hat der frost: der schlamm ist hart! und zusammen mit dem nebel ist die natur wundervoll anzusehen.

mein weg führt mich heute zum glück den tag über mit wenigen ausnahmen abwärts. so kann ich temperaturen unter null und nebel hinter bzw. über mir lassen.

dafür hat der weg herausforderungen der anderen art für mich bereit. die wegführung ist wieder etwas verworren, so dass auch die wanderkarte wieder passen muss. und die zeichen-setzung an den kreuzungen lässt zu wünschen übrig. immer wieder brauche ich mein GPS.

daher ist es schön, wenn ich jemanden treffe, den ich fragen kann. das jugendliche paar in einem dorf lernt zuerst einmal, das durch ihren ort ein jakobsweg geht und diejenigen, die darauf wandern, pilger sind. der junge mann fragt, ob ich auf der strasse schlafe. nun wissen sie, dass es für pilger herbergen gibt. das schöne ist: die beiden begleiten mich zu der stelle, wo der kleine weg im dorf abgeht. etwas sinnvolles gelernt und eine gute tat vollbracht (sagt der lehrer und pfadfinder).

am abend wird mir die hoffnung auf ein bett in der monastère genommen (zweimal habe ich angerufen und nur den anrufbeanworter angetroffen, dann habe ich mich auf pilger-aussagen verlassen.) geschlossen für immer. der heutige weg war anstrengend, ich bin fertig – sagt mir ein bett in der stadt, egal wo. und es gibt eines: die mitarbeiterin in der bücherei der monastère nimmt mich bei ihr auf. sie hat ein kleines zimmer im keller, da kann ich schlafen. und ein abendessen mit etwas unterhaltung sowie ein frühstück gibt es dazu. das ist der jakobsweg!

 

freundliche französinnen/franzosen

nicht nur der weg will gefunden sein – die suche nach dem schlafplatz und der mahlzeit ist auch manchmal diffizil. wenn bei meinem anruf ’nur‘ der anruf-beantworter sich meldet, kann ich dem zwar meine wünsche sagen, aber ich weiss nicht ob sie in erfüllung gehen.

so komme ich auch heute mittag in einem örtchen an und suche nach infos. da die post mir über den weg stolpert, frage ich dort nach dem centre d’accueil permanent. das sei zu, meint die madame, ob ich eine übernachtung brauche. ich nenne ihr den ort und sie greift zum telefonbuch und sucht nach einer nummer. da nur der AB dran ist, ruft sie bei der mairie an und reserviert ein bett in der kommunalen gite. sie gibt meine telefon-nummer durch, damit der zuständige monsieur mich anrufen kann, wenn er da ist. ich erhalte seine nummer. so ist das bett heute abend sicher – dank der freundlichen und hilfsbereiten madame de la poste.

im zielort angekommen, steuere ich die herberge an. beim zuständigen monsieur (erstes haus rechts nach brunnen und bushaltestelle) kann der schlüssel geholt werden. ich klingele, aber es rührt sich nichts. in der mairie brennt noch licht – also nichts wie hin. man scheint auf mich gewartet zu haben. sie wissen bescheid und es kommt jemand mit mir zur gite und schliesst mir auf. meine frage nach dem abendessen wird negativ beantwortet: heute abend sei das restaurant zu, morgen zum frühstück sei wieder geöffnet.

doch was esse ich heute abend? apfel-schokolade-kekse? ein zweiter monsieur, der gerade gekommen ist, verschwindet wieder. nach zehn minuten ist er wieder hier mit je einer dose ravioli und sardinen, einem joghurt und einem stück baguette. viola! geld will er nicht sehen, ein herzliches ‚merci beaucoup‘ reicht ihm. das abendessen ist gerettet!

zu guter letzt kommt im laufe des abends auch der für die gite zuständige herr an und entschuldigt sich, dass er den ganzen tag unterwegs war. ob alles okay wäre und ich noch etwas bräuchte. ich konnte ihm mein grosses dankeschön nochmals sagen für die hilfsbereite kooperation. wann ich morgen los wolle? um halb acht sei das restaurant sicher noch nicht offen. – das baguette hob ich mir also zum frühstück auf. meine enkelin lea hat es da etwas einfacher! aber sie ist ja auch noch einiges jünger!

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wohin der weg mich führt

viele wege führen nach rom – doch ich will nur nach apinac. ich bin früh dran, weil renate mit dem zug bereits 7:17 uhr zurück fährt.

der weg führt, so mein neuer wander-guide, im prinzip immer nach norden. im ort geht es noch etwas hin und her, aber dann. so weit so gut. wieder mal heissen die zeichen mich nach links zu wenden. darauf folgt ein schöner rechtsbogen. nur dann weist das nächste zeichen wieder nach links und der weg geht rein in den wald. stimmt das? die zeichen sind noch da und der GR 3 damit auch – das ist mein weg. aber er führt mich eher nach nordwesten. und das kann nicht sein! wieder mal zurück auf start?

ich bin mir sicher, dass dies der weg nach apinac ist. aber zu lange dauert es, bis dieser weg mich in nordöstliche richtung führt. ich habe genug von natur (zumal ich nur knappe 50 m weit sehen kann, so neblig ist es), ich sehne mich nach einem ort oder wenigstens nach einer strasse. endlich höre ich autos und kurz darauf kann ich schemenhaft häuser erkennen. schliesslich stehe ich vor einem ortsschild. mein orientierungssinn hat mich nicht betrogen. statt die einfache hypothenuse der karte haben mich die zeichen die kathete dieses wege-dreiecks gehen lassen. jetzt kommt der winkel und es geht wieder ganz langsam richtung meinem kürzerem kartenweg. zu langsam!

ich suche eine kürzere strecke. da dieser abschnitt nicht mehr auf der schmalen karte ist, ziehe ich meine digitale frankreich-karte und mein GPS zu rate. und tatsächlich sehe ich wo ich stehe, beobachte ich wo ich gehe und kann mein ziel anvisieren. faszinierend! es ist zwar eine strasse, aber rasch bin ich wieder auf meinem wunsch-weg.

die freude wird getrübt, als ich den blick auf die uhr werfe. apinac ist bei helligkeit nicht mehr erreichbar. das verschiebe ich auf morgen und nehme mir vor in zukunft im zweifelsfalle  mehr meiner wanderkarte (und ggf. meiner digitalen) zu glauben als den wanderzeichen. ergebnis des tages: eine kürzere wegstrecke und dafür eine gute erfahrung mehr.

gemeinsamer ruhetag

es gibt in erreichbarer tagesetappen-entfernung keinen bahnhof. renate hat gestern aus dem stand heraus 20 km wandern auf ihre beine gestellt. heute ist sonntag. daher legen wir hier in retournac eine pause ein. kein wecker klingelt, das frühstück ist relativ gemütlich und reichhaltig, ein kleiner spaziergang im bzw. ums dorf, ein besuch im klöppel-museum der stadt, ein feines menü in einer netten kneipe, und was so alles zu einem gemütlichen sonntäglichen ruhetag passt. wir haben diesen tag genossen!

gemeinsames gehen

die wanderschuhe sind heute doppelt geschnürt. renate und ich gehen eine tages-etappe gemeinsam.

fast so verrückt wie die digitale welt (in sekundenschnelle weiss die ganze welt von wo nach wohin ich gelaufen bin) ist die heutige mobile welt. innerhalb weniger stunden ist renate von hohenlohe in die kegel-landschaft der auvergne gefahren. und heute sind wir weiter durch eine wunderschöne landschaft gegangen, die zu den wirtschaftlichen problemgebieten frankreichs gehörte. (aber hier hat einmal der hiesige fürst vercingetorix die gallier in den freiheitskampf gegen caesar geführt.) auch die heutigen gallier hier sind sehr hilfsbereit. ein netter älterer von ihnen hat uns eine kleine abkürzung gezeigt.

vermutlich war ihm klar, dass für meine ehefrau jede für mich kalorien-sparende massnahme wichtig ist. daher hat sie auch gleich hohenloher brezeln und einen kuchen mitgebracht. ausserdem bestand sie darauf, dass es zweimal am tag ein ordentliches essen gibt. mein körperlicher eindruck auf sie beförderte die anregung   zu höherer kalorien-zufuhr. vor allem meine hals-region haben ihr anlass zu mehr mästung gegeben.

 

le puy, zum dritten

vor 10 jahren waren wir mit dem fahrrad hier. vorgestern war ich alleine zu fuss hier. heute waren wir mit dem zug hier – in le puy.

alte erinnerungen und neue sicht haben sich nicht gedeckt. irgendwie ist le puy sehr viel grösser geworden. auch das restaurant, in dem wir wunderbare le puy-linsen gegessen haben, fanden wir nicht mehr. das lag nicht nur am regen. und immer noch genauso eindrucksvoll ist der blick von der kathedrale in die stadt. wie viele pilgerinnen sind wohl hier gestanden…

 

ich bekomme besuch!

heute wird wieder gelaufen! nach dem stadt-lauf-und-info-samnel-tag brauche ich wieder einen ganz normalen alltags-lauf-tag.

le puy verabschiedet sich von mir mit imposanten ansichten einer historischen stadt im nebel. die nebelschwaden verdecken mal nur einzelne strassen und häuser, mal ganze stadtteile. alle paar minuten wechselt die szenerie. am schönsten ist es, wenn aus dem nebeltal nur st. michael und notre-dame-de-france auf ihren felsen heraus schauen. und dazu ein sonnenaufgang zwischen wolkenbergen.

das wird ein schöner tag werden. das wetter macht mit, die strecke ist im ersten teil sehr interessant von der landschaft und im  zweiten teil sehr  gemütlich. so von ich deutlich früher als gedacht am ziel angelangt: ein kleines hotel in einem städtchen an der noch jungen loire: vorey-sur-arzon.

hier kommt dann spät abends um 11 uhr renate mit dem zug an! ein schöner tag mit einem noch schöneren abend!

schalt-tag

le puy ist eine zäsur auf dem jakobsweg – egal ob hin oder zurück. wo vorher pilgerinnen wie in einem spinnennetz aus allen richtungen  europas auf kleinen wegen einzeln gingen – hier in le puy wussten sie, das ist jetzt DER WEG nach santiago de compostela. der weg, dem alle folgten.

auch für mich ist le puy eine besonderer ort. ab jetzt muss ich mir im netz der jakobswege den heraussuchen, der mich in die heimat führt. und weil ich mich weiter in der nebensaison befinde, wird es nicht einfacher ein (preisgünstiges) bett zu finden. daher habe ich mir vorgenommen, in aller ruhe in dieser stadt nach informationen zu meinem nächsten abschnitt le puy – cluny zu suchen.

da ist einmal der weg. bisher war (in frankreich) der hauptweg gleichzeitig der GR 65 und damit gut gekennzeichnet. ab morgen weiss ich nicht, ob mein weiterer weg genauso oder überhaupt  markiert ist. in bezug auf die bettenfrage habe ich ein paar infos, denen ich nachgehen kann.

erstes ziel ist das office de tourisme. die können mir schon mal einen stadtplan geben. und sie verweisen mich auf das croisée des chemins zwei ecken weiter. darin finden sich viel literatur, pilgerführer und wanderkarten zu verschiedensten jakobswegen. hier bekomme ich ein betten-verzeichnis der region. weitere erhielte ich in den touristenbüros der orte der folgenden region. auf meine frage nach der association des pèlerins par les amis de saint jacques bekomme ich die markierung einer strasse bei der kathedrale. dort angekommen lese ich an der tür, dass ab november geschlossen ist. da hier in der nähe auch das pilgerbüro irgendwo ist, suche ich weiter. beim café des pèlerins (auch im winter-halbjahr geschlossen) kommt zufällig jemand heraus, den ich gleich anquatsche. non, fermé, aber das office de tourisme könne weiter helfen. grandios!

ich mache eine buchhandlungs-runde. in einer ersten, die mir gerade über den weg läuft, finde ich nichts über die strecke cluny-le puy. ich frage nach einer weiteren und dort werde ich fündig. renate hat mir vor einigen tagen aus ihrer internet-recherche eine neuauflage durchgegeben. dieses buch finde ich hier. der sogleich von mir erstandene ist zwar nicht neu, aber er hat sehr gute wanderkarten. die wegbeschreibung ist auf französisch, aber für mich ist sie soundso verkehrt herum.

nun finde ich den weg nach cluny und betten für die nächsten paar tage. aber es ist frustrierend mit derart viel neben-lauferei so wenig handfestes zu haben. und ich merke, dass das nicht spurlos an mir vorbei geht. zum glück kommt übers wochenende renate! den zeitpunkt haben wir wunderbar bewerkstelligen können! (ich habe mir sagen lassen, auf dem camino sei nichts zufällig.)

ende der via podiensis

wieder geht heute ein grosser abschnitt meines zurück-camino zu ende. mit den pyrenäen habe ich in spanien den camino frances beendet. hier in le puy-en-velay beende ich die via podiensis, den französischen jakobsweg.

sie bzw. er hat sich von mir mit einem weinenden und einem lachenden auge verabschiedet. heute morgen hat es immer heftiger geregnet, so dass ich mein grosses cape heraus gekramt habe. im laufe des mittags besserte sich das wetter, es regnete nicht mehr und manchmal kam ganz kurz die sonne zum vorschein. das gehen lief flott, früher als angenommen habe ich die letzten kilometer vor le puy angegangen.

das war ein gefühl! über die letzte kuppe gehen und die häuser von le puy zu sehen und kurz darauf die statue notre-dame-de-france zu erblicken. die stadt, in der sich jahrhundertelang die pilgerinnen aus halb europa sammelten um den traditions-reichen camino, den chemin, den weg aller wege zu gehen. nun habe ich die stadt erreicht, in der wir – renate und ich – am 5. august 2004 unseren pilger-pass (le carnet de pelerin) erhielten. damals waren wir mit dem fahrrad hierher gekommen – aus der anderen richtung. und als ich heute nach dem abendessen im dunkeln die stufen der grossen treppe zur hell erleuchteten kathedrale hoch stieg, war es wieder dieses ganz erhebende gefühl, das ich so oft schon auf diesem weg – hin und zurück – erleben durfte.

 

 

 

 

hunde und esel

… haben im grunde genommen nichts miteinander zu tun. es ist äpfel mit birnen verglichen. in den letzten 2 – 3 wochen habe ich mit beiden tierarten meine erfahrungen machen können.

vor allem in den letzten tagen habe ich sehr eindrückliche erlebnisse mit hunden gehabt. oftmals sitzen sie am hoftor und scheinen von meinem vorbei-laufen keine notiz zu nehmen. es gibt auch einige, die mich lautstark ankündigen (und für mein gutes gefühl ein zaun sich zwischen uns befindet).

dann aber bin ich einigen begegnet, die wohl der ansicht waren, die öffentliche strasse vor dem grundstück gehöre zu ihrem revier. nicht dass sie nur bellend mir entgegen oder hinterher gerannt wären. nein – sie kamen mir so bedrohlich nahe, dass ich froh war einen stock zu besitzen. und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sie nicht nur spielen wollten. sie brachten mich so weit, dass ich mich gezwungen sah meinen wanderstab als schlagstock zu nutzen. noch habe ich keinen mit meiner verlängerten harten hand getroffen. ich würde jedoch nicht davor zurück schrecken gewalt anzuwenden, bevor mir so einer ans bein geht. zwischenzeitlich kann ich schnell vom wanderstock- zum schlagstock-griff wechseln.

auf der anderen seite die esel. so viele esel wie in den  letzten tagen und wochen habe ich noch nie gesehen. es vergeht kaum ein tag, an dem nicht auf irgendeiner weide eine oder auch mehr grasen oder im stehen dösen. kaum hören sie etwas, so drehen sie ihre grossen lauscher in alle richtungen. sie stehen und hören. bisweilen dreht auch mal eine den kopf zu mir um auch zu sehen. erst wenn ich stehen bleibe und rufe oder locke, kommt der esel vielleicht zu mir.  wie bedächtig sie dann heran traben.

die tiere machen mich neugierig. warum gelten sie als störrisch und eigen-sinnig? auf dem camino sind sie beliebt als ‚pack-esel‘, sie tragen das gepäck der pilgerin und des pilgers. sie sind genügsam und finden überall futter. in aumont-aubrac gibt es sogar ein esel-museum, leider ist es zu der zeit geschlossen gewesen.

die hunde-freunde mögen mir meine sehr subjektive (vielleicht auch einseitige) sicht verzeihen. aber aufgrund meiner weg-erfahrungen bin ich lieber ein dummer esel als ein dummer hund.

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privat-übernachtung

wieder einmal hatte ich bei den gites kein glück – alles geschlossen. ich reserviere in einem hotel, in dem ich nicht vor vier uhr sein kann. weil ich noch zeit habe, schlendere ich durch den ort. da hält ein auto neben mir und der fahrer fragt ob ich eine gite suche und ob ich bei ihm ‚gratuit‘ übernachten wolle.

also fahren wir zu seiner wohnung, wo er mir mein zimmer sowie bad und toilette zeigt. es ist alles etwas älter und die toilette nicht ganz so sauber wie ich es mir gewünscht hätte. trotz einem kleinen zweifel bleibe ich. bei einer tasse kaffee erzählt gérard, dass er wegen dem rauchen starke kopfschmerzen habe und immer müde sei. als ich ihm von meinem camino erzähle, meinte er, er führe jedes jahr nach lourdes.

er zeigt mir (mit dem auto), wo ich abendessen und frühstücken kann, auch wo der camino aus dem ort heraus führt. schliesslich zeigt er mir den pferdestall seiner nichte. während er bei seiner mutter vorbei schaut, die im ort wohnt, gehe ich zum abendessen. nachdem ich wieder bei gérard zuhause ankomme, treffe ich ihn sehr niedergeschlagen an. ich weiss nicht, ob ich alles richtig verstehe, was er erzählt – er bemüht sich sehr langsam und einfach zu sprechen – weiss ich nicht. unter anderem zeigt er mir einen rosenkranz und fragt, ob ich mit ihm wegen seiner schmerzen beten wolle. nach einer runde beenden wir und (glücklicherweise?!) ruft renate an. das ist für mich ein grund den weg in zimmer und bett zu nehmen.

noch einige zeit geht mir gérard durch kopf und herz. ich bin – so glaube ich – seiner ‚masche‘ gefolgt und ich glaube es war auch gut so. eigentlich ist er ein armer tropf, aber vielleicht habe ich ihm – sicher nicht als erster – ein paar stunden lang etwas gutes tun können.

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micha hat  meine bisherige route aufgezeichnet. sein ergebnis zeigt anschaulich meinen weg bis heute. dank dir (und gute genesung).

 

 

schnelle entscheidungen

aufgrund der örtlichen verhältnisse war die heutige und morgige streckenplanung etwas komplizierter: um einen schlafplatz zu bekommen, sind 15 km heute und 33 km(!) morgen angesagt. dazwischen sind entweder keine domizile oder nur geschlossene. das risiko, im regen zu gehen steigt morgen deutlich an. IMG_20141123_103839

also gehe ich gemütlich los, denn ich habe ja heute zeit, weil ich nur nach saint-alban will. nun treffe ich kurz vor dem etappenziel pierre, der mir entgegen kommt. und in diesen tagen spricht man auf dem chemin auch über unzureichende oder zu erreichende schlafplätze. pierre hat da übernachtet, wo es eigentlich geschlossen ist. es gäbe in le sauvage nur kein abendessen. sie haben aber eine küche und zwei eier oder so wären immer möglich.

dies eröffnet gute möglichkeiten: heute noch 12 km und morgen dafür nur gute 20 km. also – es ist gerade kurz nach 12 uhr – zuerst mal noch die paar kilometer bis in den ort und noch lebensmittel einkaufen, vor allem brot. es geht bergauf und im ort angekommen, sind alle läden in der mittagspause, wiedereröffnung 14.30 uhr. das ging mal knapp daneben – also doch hier bleiben und die angepeilte übernachtung nehmen? ich rufe zuerst mal in le sauvage an, um das potentielle bett anzufragen. nur der anrufbeantworter hebt ab, und dem teile ich meine wünsche mit. richtig weiter bin ich da jedoch nicht.

da eine warme mahlzeit (egal wo geschlafen wird) nicht schaden kann, esse ich in der kneipe ums eck. und während ich esse kommt die nachricht, ‚ok pour dormir‘. glücklicherweise bekommt man in frankreich baguette zum essen. die entscheidung fällt! das brot halte ich nun zurück und nehme es mit. notproviant aller art habe ich im rucksack. und morgen keine 33 km mehr.

noch kurz die anvisierte übernachtung abgesagt und anschliessend läuft die zweite etappe des tages etwas zügiger ab. ein pläuschchen mit einer pilgerin, die mir entgegen kommt, muss trotzdem sein. von ihr erfahre ich, dass mitarbeiterinnen in der touristikbranche am besten über winter den jakobsweg machen, wenn es am stück sein soll.

schliesslich bin ich am späteren tagesziel angekommen. ob ich etwas zu essen brauche – die auswahl ist gering. ich nehme zwei eier und ein stück brot. dann bekomme ich mein bett ohne frühstück. und zum krönenden abschluss des tages gibt es ein echtes ‚pilger‘-menü:

entrée: angeschmolzener emmentaler auf baguette

plat du jour: rührei mit baguette

dessert: vollmilch-nuss-schokolade (eine tafel)

dazu gänsewein ‚aubrac‘ jahrgang 2014

einige zeit später liegt ein warmer schlafsack in einem bett bereit.

und natürlich die aussicht auf einen gemütliche(re)n morgigen tag inkl. ordentlicher mahlzeit – mit oder ohne regen! IMG_20141123_124230

auf dem weg mit mehr frei-zeit und für benachteiligte menschen, vor allem kinder und jugendliche