mittwoch, 03.10.2018
santiago – sigüeiro (16,5 km)
heute morgen klingelt mal wieder der wecker, denn wir wollen heute den camino inglese starten – rückwärts. in der bar, in der wir damals nach finistere gestartet sind, frühstücken wir wieder. draussen vor der tür treffen wir einen schwaben und eine schweizerin, mit der wir ins gespräch kommen über unsere gemeinsamen camino-erfahrungen. noch ein letzter blick auf die kathedrale (ob wir sie noch einmal life sehen werden?) und dann gehen wir im dunkeln bei laternen-schein los. mit hilfe zweier grober stadtpläne von santiago, dem orts-verzeichnis und den gps-tracks suchen wir den englischen weg. messing-muscheln auf dem gehweg gibt es nicht, blaue camino-fliesen sind sehr selten. so praktiziere ich, was ich auf meinem grossen rückweg gelernt habe: umdrehen ist oftmals hilfreich, vor allem um sicherheit zu bekommen, ob man noch auf dem rechten weg ist.
über eine laute hauptstrasse wandern wir in der stadt aufwärts, mit der zeit werden die häuser weniger. schliesslich kommt die stelle, wo der stadtplan entsorgt werden kann, weil wir über dessen rand hinaus sind. es ist hell geworden in der zwischenzeit und eine bar, die am weg liegt, lädt zu einem zweiten frühstück ein. auf dem weiteren weg machen uns die ersten spanier auf die falsche richtung aufmerksam. erfolgreich können wir ihnen erklären, dass wir start und ziel getauscht haben. anschliessend kommen wir durch ein sehr lkw-lastiges industrie-gebiet, wo wir eine entgegen kommende pilgerin auf englisch ansprechen. nachdem sie zuerst auf englisch geantwortet hat, wechselt sie auf wienerisches deutsch. wir erfahren einiges interessantes über den weg hinter ihr und vor uns und die nächste richtung. ein blick auf das pilger-navi weist auf einen anderen weg hin, also gehen wir ein paar meter zurück. später hält eine autofahrerin an und fordert uns auf, in die andere richtung zu gehen. auch sie können wir umstimmen. dann kommt auch die sms aus deutschland mit der gewünschten nummer für unseren zug-transfer durch frankreich. nun kann der online-kauf der fahrkarte vorgenommen werden. GUTe freunde haben einen sehr hohen wert!
anfangs ist es noch recht kalt, es kommt aber immer mehr die sonne raus. uns fällt auf, dass sie sehr grell scheint. wir haben wieder einen wunderbaren weg-grund, obwohl eigentlich asphalt angekündigt war. es sind nirgends camino-zeichen sichtbar, aber der weg läuft sich super. im nächsten ort sehen wir wieder eine camino-stele, die auf den rechten weg hinweist, der – für uns nach hinten gesehen – auf asphalt verläuft. da hatten wir mit unserer strecke grosses glück gehabt.
immer wieder benötigen wir unser navi, weil wir nur wenige und vor allem sehr alte, verwitterte gelbe pfeile sehen. um handy-strom zu sparen, schalte ich dazwischen das GPS aus. später stellt sich jedoch heraus, dass dies nicht unbedingt notwendig ist. nachdem uns nicht klar ist, ob in den nächsten ein bis zwei kilometern wirklich das angekündigte hotel ist, wo es eine bar gibt, machen wir eine kurze rast.
kurz vor unserem ziel will uns eine spanierin über die hauptstrasse weiter in den ort schicken, der digitale weg stellt sich dann aber als der viel schönere heraus. vorher haben wir schon eine kleine abkürzung durch das navi gefunden. wir treffen relativ früh in sigüeiro ein, suchen eine bar am weg auf um prüfen zu können, ob wir weiter gehen oder nicht – es gibt eine option auf zwei herbergen nach 3,5 kilometern. wir essen zuerst einmal etwas und entdecken dabei, dass direkt neben uns der eingang zu einer herberge ist. renate spricht zwei pilgerinnen aus irland an, um infos zu bekommen und erhält einen englischen pilger-führer geschenkt (die zwei brauchen am ende ihres weges kein zweites büchlein mehr). die beiden gehen zum essen rein und renate setzt sich zu ihnen, so erhält sie viele gute und schöne informationen über unseren weg.
derweil kommen weitere pilgerInnen an, und da wir bleiben wollen, brauchen wir also jetzt zwei betten. wir gehen an die theke, um unser essen zu bezahlen und zwei betten für die nächste nacht zu buchen, aber wir warten und warten. immer wieder werden wir vertröstet, bei mir entsteht der eindruck die wirtsleute sind etwas überfordert. ein engländer, der neben uns ebenfalls wartet – auf seinen pass! – befürchtet, dass er ihn nicht mehr bekommt und er nicht in seine heimat einreisen kann. wir überlegen gerade, ob wir nicht doch weiter gehen, da bekommen wir einen schlüssel in die hand gedrückt und werden von der hospitaliera ums eck in die albergue geführt. dort bekommen wir ein dreibett-zimmer mit handtüchern und bezogenen betten. sie will den personalausweis, sagt sie noch und verschwindet. einfach so gebe ich den hier aber nicht aus der hand. wir duschen und waschen, renate schläft eine kleine runde und ich schreibe.
nachdem im restaurant die mittags-küche geschlossen ist, gehen wir mit geldbeutel, perso und credencial an die theke und warten erst einmal wieder. dann können wir unser mittagessen (was war das alles?) und 30 euro für das zimmer bezahlen. der ausweis bleibt so lange wie möglich in meiner hand, wir werden in die liste eingetragen und bekommen je einen stempel. bei der nachfolgenden stadt-erkundung entdecken wir eine zweite herberge (wäre das die bessere gewesen?) und schauen, wo der camino aus dem ort hinaus führt. einen stadtplan auf einer tafel vergleiche ich mit dem navi, der weitere camino passt.
auf den abend hin wird renates mund wieder heftiger, so überlegen wir, ob wir doch noch aufhören und mit dem bus zurück nach santiago fahren, um dann den heimweg anzutreten. erst einmal wollen wir abendessen, finden jedoch kein geeignetes restaurant (es gibt nur imbiss-buden). also gehen wir zurück zu unserer warte-kneipe, wo wir erfahren, dass es warmes essen erst halb neun uhr gibt. das gibt gelegenheit für einen aperitif, bei dem meine frage nach einem menü del dia negativ beschieden wird, nur nach karte essen ist möglich. als die küche aufmacht, bestellen wir und während wir aufs essen warten, kommt eine grosse pilgerInnen-gruppe (aus der anderen herberge) an und geht an uns vorbei zu einem nebenraum. welche möglichkeiten zu essen bekommen sie? unser essen ist sehr gut, aber wir warten wieder, dass wir noch einen wein bestellen können. renate telefoniert mit sebastian, der angerufen hat, ich warte darauf bezahlen zu können. um halb elf uhr schliesslich kommen wir ins bett, etwas spät für pilgerInnen. trotz nicht gerade guter luft muss unser fenster für die nacht geschlossen bleiben, davor auf der strasse herrscht massenhafter und dröhnend lauter (laster)verkehr.