dienstag, 30.04.2019
seesen – bockenem (17,7 km, insgesamt 697,2 km, 90 m auf, 180 m ab)
seesen ist historisch dabei: gestern in alten fritz gespeist, heute am wilhelmsbad vorbei gegangen und dann über den friedhof den ort verlassen. anschliessend geht es kilometer-lang auf dem radweg rechts der strasse über bornhausen (hinweis-schild auf wilhelm-busch-haus) bis rhüden. dort nehme ich mir in der bäckerei am ort zeit für einen cappuccino.
bereits vor rhüden verläuft meine strecke auf der ehemaligen nettetal-bahntrasse. vor bornum fallen mir auf einem abstell-gleis völlig neue güterwaggons im ähnlichen stil wie langholz-waggons auf. im verlauf des weiteren wegs stehen ebenso völlig neue kessel-waggons auf einem gleis und in einer offenen werkshalle sehe ich alte exemplare dieser waggons. das macht mich neugierig. ich sehe zwei arbeiter und spreche sie an. sie sanieren hier tatsächlich die alten kessel-waggons, lackieren sie, überziehen sie innen mit einer dicht-schicht und beschriften sie. gerade läuft bei einem die dichtigkeits-überprüfung. wer sie dann abnimmt, konnte der mann mit nicht sagen, wohl nicht die DB.
nach dem ort gehe ich zur abwechslung links der strasse auf dem radweg, aber immer im tal der nette. und so ist auch die umgebung und das wetter. einmal sehe ich einen zug richtung sanierungs-werk fahren, eine kleine rangier-lok mit knapp zehn waggons.
nach einem tag mit sehr gemütlichen wandern erreiche ich meinen zielort und nutze die erste bank aus um mein letztes vesper zu verdrücken. an der unterkunft werde ich wieder einmal mit „der wanderer ist da“ begrüsst. ich bekomme den schlüssel in die hand und die örtlichkeiten gezeigt. nach dem gestrigen schlamm-tag bekommt meine hose auch eine dusche. sie ist danach zwar nicht hausfraulich sauber, aber der gröbste dreck ist weg.
als ich nach ihrem trocknungs-fortschritt schaue, steht plötzlich der ehemann der zimmer-wirtin vor mir. ob ich wüsste, dass ich hier auf historischem boden stehe. die firma weule hätten hier kirchturm-uhren hergestellt und glocken gegossen. ob ich das römische zeichen die 4 kenne. die l vor dem V. aber es gibt auch eine andere schreibweise: ‚llll‘. stimmt, die habe ich irgendwo auch schon gesehen und mich gewundert. ich frage nach und erfahre, dass beides richtig ist, die ‚IV‘ ist nur gebräuchlicher. öfters sieht man die ‚llll‘, aber vielen fällt das auf dem ziffern-blatt überhaupt nicht auf. er macht mich noch auf ein glocken-spiel im ort aufmerksam und gibt noch einen witz zum besten: der vorletzte papst, nicht mehr ganz so fit, will saunieren. man sagt ihm, heute sei aber gemischte sauna. er darauf „das ist kein problem, mit den paar protestanten nehme ich es noch auf.“
ich gehe anschliessend noch in die stadt auf die suche nach dem glocken-spiel, einem restaurant und einem ruhigen örtchen zum telefonieren. zum ersten komme ich nur kurze zeit zu spät. zum zweiten finde ich nur geschlossene. ich frage einheimische, die gerade ihren briefkasten leeren. sie nennen mir noch eine und beschreiben den weg. auf diesen mache ich mich und plötzlich kommt es mir den fahrrad an und begleitet mich dann zu fuss. er erzählt, dass wir uns hier auf historischem boden bewegen. die strasse hier heisst ‚tilly-schanze‘ – nur wenige kilometer von her, bei lutter am barenberge habe tilly mit seinem (katholischen) kaiserlichen heer die (protestantischen) dänen geschlagen. daraufhin würden alle (wieder) katholisch. in den moment kommt seine frau un auto her gefahren. sie meint, sie müsse schauen, ob das restaurant wirklich auf habe. den sonst müsste man nach was anderem schauen. sie fährt weiter und kommt mit positivem bescheid zurück.
zum dritten finde ich nach dem essen bei den seen vor dem stadtbad ein ruhiges plätzchen, wo ich mit renate telefonieren kann. wir vereinbaren, dass sie nicht her kommt, sondern daheim bleibt.