montag, 01.10.2018
lavacolla – santiago (10,5 km, 371 m höhe)
wir haben richtig gut geschlafen, wenn auch irgendwann in der Nacht eine/r lautstark versucht hat, ‚unser‘ wc zu benützen. als wir dann die herberge verlassen und auf die strasse kommen, weht uns der wunderbare duft einer bäckerei um die nase. wir wenden uns nach links (statt rechts richtung camino) und stehen nach wenigen metern vor dem klitzekleinen bäckerladen, den ich gestern bei meinem kleinen erkundungsgang entdeckt habe. wir nehmen ein croissant und eine schokotasche mit, die uns in je ein stückchen papier eingewickelt werden. der weg zur frühstücks-bar ist so weit, dass renate ihr stückchen bis dahin so gut wie ganz gegessen hat, ich halte es in der hand bis ich einen guten kaffee zum frischen croissant bekomme. dort gibt es noch ein croissant, dieses ist jedoch qualitativ weit nicht so wie das erste.
kurz nach acht uhr gehen wir los in eine stockdunkle landschaft. bei einem kleinen weg und einer nachfolgenden holzbrücke hole ich dann doch lieber die stirnlampe raus – wenn ich sie schon im rucksack habe. kurz darauf ziehen wir uns im lichte dieser lampe noch etwas wärmer an. dann wird es langsam hell, die sonne geht auf, aber es ist immer noch recht kalt und ein kräftiger wind weht. aus der ferne hören wir die flieger vom flughafen von santiago starten, wir können aber keinen erspähen – der wind treibt nur das kräftige brummen zu uns (in der letzten nacht hat uns wider erwarten keiner dieser flieger gestört).
wieder kommen wir an bekannten orten vorbei, so auch an den radiosendern von galizien und spanien. auf dem monte o gozo weht ein sehr heftiger wind, daher halten wir uns nicht lange auf und gehen schnell weiter den berg hinab richtung santiago. nun erleichtern uns messing-muscheln im gehweg und neue grosse blaue hinweis-schilder das vorwärts kommen. wir sehen wieder die bar, in der wir letztes mal einen kaffee getrunken haben und wiederholen das nochmal.
wir sind nicht weit von der innenstadt entfernt, da kommt plötzlich eine junge frau von der anderen strassenseite freudig winkend auf uns zu. es ist michaela, die wir auf unserer hinfahrt in KA-durlach auf dem bahnhof getroffen haben. sie erzählte damals, dass sie auch den camino gehen wolle und möglicherweise zu einer ähnlichen zeit in santiago sein könnte. was für ein wunderbarer, ja imposanter zufall, dass wir sie doch tatsächlich hier in santiago treffen. morgen fliege sie wieder zurück, erzählt sie und muss aber weiter, ein paar dinge seien noch zu erledigen. wir gehen hinein in die stadt, wo wir das radfahrer-ehepaar von gestern treffen und uns kurz austauschen über die pläne der nächsten tage. sie sind ganz neidisch, dass wir terminlich ein open-end haben, sie müssen pünktlich ihren flieger kriegen.
und dann: wir treffen auf dem vorplatz der kathedrale ein – was für ein glückseliges gefühl wieder hier zu sein und einen camino mit 300 km zu ende gebracht zu haben. die kathedrale hat ihr gerüst abgelegt bekommen und zeigt sich in vollem glanz. noch ist viel zeit bis zur messe, so suchen wir unser früheres kleines hotel in der altstadt. dank renates erinnerungs-vermögen finden wir es recht schnell, buchen zwei nächte und bekommen nebenher noch gute tipps fürs abendessen. wir stellen unser gepäck ab und eilen zur kirche, wo wir gerade so noch zwei sitzplätze bekommen. dabei treffen wir auf véronique, die fünf reihen vor uns ihren platz hat, was ein freudiges wiedersehen mit küsschen-küsschen zur folge hat.
der gottesdienst verläuft ganz in spanischer sprache mit einer kleinen deutschen ausnahme im hochgebet, ansonsten verstehen wir nichts von lesung, evangelium und predigt – schade. zur krönung dieses tages wird – sehnsüchtig erwartet, aber nicht geglaubt – das rauchfass losgebunden, der berauschende abschluss jeder messe in dieser kirche. faszinierend beobachte ich nicht nur, wie das meterhohe rauchfass durch die gesamte kirchen-kuppel schwingt, sondern auch die vielen gezückten fotoapparate und handys. viele wollen foto-mässig mitnehmen, wie das botafumeiro in grandiosen schwüngen über die köpfe der pilgerInnen hinweg bis kurz vor das decken-gewölbe und wieder zurück fliegt. renate flüchtet lieber in eine sichere ecke, und wir sind danach der überzeugung, schöner kann ein camino nicht zu ende gehen.
anschliessend suchen wir das pilgerbüro auf, das jedoch umgezogen ist. also wenden wir uns in die andere richtung, in die viele pilgerInnen unterwegs sind. die schlange zum erhalt der begehrten urkunde ist sehr, sehr lang. daher entscheiden wir uns, erst einmal unseren mägen gutes zu tun und folgen dem tipp unserer aktuellen hospitaliera. renate kommt nun doch zu ihren pulpo, während ich die tortilla wähle. es ist ein kleines einfaches, aber sehr gutes essen, das richtig satt macht.
danach im pilgerbüro reihen wir uns in die etwas kürzere schlange ein, renate nützt das warten und geht derweil in die information um unterlagen von möglichen weiteren anschluss-caminos zu bekommen. nach etwas mehr als einer stunde, aber kürzer als gedacht, sind wir an der reihe und geben unsere daten ab, die wir mit unseren stempeln belegen. mit ein bisschen stolz halten wir dann das edle papier der compostela in unseren händen.
nach einem kaffee geht es zurück ins hotel, wo wir uns frisch machen und dann hin und her überlegen, ob der camino portuguese oder der camino inglese unser nächster ist. fürs abendessen entscheiden wir uns für die wiederholung des mittags in der tollen kneipe, diesmal an der bar mit wein sowie tapas, potatoes und einem postres. dabei bestaunen wir die mächtigen fleisch-gerichte, die richtung restaurant-tische getragen werden, und das geschäftige treiben des personals. zudem kommen wir ins gespräch mit wartenden kalifornierInnen, die uns unter anderem offen ihre meinung zu ihrem derzeitigen präsidenten kundtun. abschliessend noch ein kurzer blick zur nächtlichen kathedrale und danach geht nichts mehr ausser ein bett.