auf dem aubrac

richtig schön hat der tag angefangen sonnenschein! dann sind wolken aufgezogen. ich dachte noch, der nebel aus den tälern geht heute hoch. aber bald war klar, das kommt nicht nur von unten. und im laufe des vormittags ist der blaue himmel von den zum greifen nahen wolken verschluckt gewesen. nebel breitete sich aus und wind kam auf. es entstand eine atmosphäre, die typisch ist für den aubrac. lange steinmauern, die hinten im nebel verschwinden, grosse und ganz grosse steine, verteilt wie verstreute grosse perlen, kühe mit ihrem groben fell und den lang nach der seite ausgreifenden hörnern. und dazwischen geht der pilger ganz allein seines weges.

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nicht ganz allein! da kommen mir drei wanderer entgegen. pilger? nein, nur einer hat einen rucksack. in dem kurzen gespräch heisst es dann: ’siehst du da vorne das haus? da gibt es einen kaffee! 100 m weg vom weg, du kannst es nicht verfehlen.‘ und da hat der ältere der drei bereits dort angerufen und vom zurück gehenden pilger erzählt und einen kaffee bestellt. die stube warm, der kaffee gut und das gespräch ging mit anderen auf englisch weiter. und danach ein dankbarer pilger auch auf seinem weg. hospitalité française sur le camino.

winteranfang

ich bin oben – heute habe ich den aufstieg in den aubrac hinter mich gebracht. aubrac, das alte kloster- und hospiz-örtchen, liegt in ca. 1300 m höhe. hier war mein persönlicher winteranfang. für einige kilometer hatte ich zum teil ordentlich schnee auf dem weg. wenn kein schnee lag, dann war es feucht und nass. bei nebel hätte ich hier nicht laufen wollen. heute aber schien den ganzen tag über die sonne. durch die lage der offenen herbergen war heute eine kurze strecke vorgegeben. ich konnte mir zeit lassen und verweilen, hören, schauen und fotografieren.

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übrigens: schon ein paar kilometer gehe ich hinter der mitte meines weges! ich habe die hälfte hinter mir – geschafft! in den letzten tagen haben mich, wenn ich auf der strasse gelaufen bin, diese spuren-markierungen begleitet:

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sie gehen in die andere richtung. nur – welche merkmale sind nicht mehr der heutigen zeit angemessen?

der aubrac

da oben liegt schnee – mehrfach habe ich jetzt diese info bekommen, wenn ich erzählt habe, dass ich da rüber will. der aubrac bei schnee, nebel und kälte ist heikel – wenn man zeichen und weg nicht erkennt, kann man sich schnell verlaufen. immerhin befindet man sich dort auf über 1300 m höhe.

die letzten regen-tage habe ich im oder etwas über dem lot-tal erlebt. ab heute ging und geht es aufwärts. und heute habe ich schönstes sonnen-wetter gehabt. nach den letzten tagen hat heute das vorwärts kommen und vor allem das schauen und entdecken sehr grosse freude gemacht! da wird sogar ein ungewollter umweg über die höhe zum ungeahnten panoramablick. so schön können um-höhen-wege sein!

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und es geht wohl regen- bzw. schneefrei weiter. morgen geht es noch einmal hoch. dann habe ich die höhe fürs erste erreicht und gehe auf der hochfläche weiter.

 

gehen im regen

so liefen die letzten tage ab:

losgehen – es regnet

ich gehe – es regnet mehr

cape überziehen

ich gehe – es regnet weniger

ich gehe bergauf

cape ausziehen

ich gehe mit cape in der hand

es regnet mehr – cape überziehen

ich gehe – es geht bergauf

ich schwitze

ich gehe – es regnet nicht

cape ausziehen

ich gehe – es regnet viel

cape überziehen

ich gehe

ich kauf ein und trink einen kaffee

es regnet nicht – ich gehe weiter (ohne cape)

es regnet nicht

es tröpfelt – cape überziehen?

ich gehe – es regnet mehr

cape überziehen

es geht bergauf

ich gehe – es windet

es regnet nicht mehr – cape ausziehen

es windet – cape überziehen?

es regnet heftig – cape überziehen

ich gehe – es geht bergab

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es geht bergab

es regnet mehr

ich gehe – es regnet weniger

ich gehe – die sonne blitzt heraus

cape ausziehen?

ich gehe – es regnet richtig

ich gehe – es regnet nicht mehr

cape ausziehen

ich gehe – die sonne kommt heraus

ich gehe

ich mache pause und vespere

die sonne ist noch da – pulli ausziehen

ich gehe

ich bin kurz vor dem ziel

es nieselt – cape überziehen?

nein! – ich gehe schnell

ich gehe schneller

ich bin da!!

conques

gestern bin ich in conques angekommen. in einem tal, das nur schwer zugänglich ist, liegt die abtei der prämonstratenser. am nachmittag kam ich bei kräftigem regen den sehr steilen und steinigen pfad in das mittelalterliche klosterdorf hinab. nebelschwaden zogen vom tal des lot nach oben. ich kam mir vor wie im film ’name der rose‘.

in der abtei angekommen, freuten sich die frères sehr darüber einen pilger namens norbert beherbergen zu können. der heilige norbert ist der begründer des prämonstratenser-ordens.

beim nachtgebet der kirche – dem komplet – war ich dabei. fünf frères singen in dieser grandiosen romanischen kathedrale mehrstimmig – eine faszinierende atmosphäre. der bibeltext aus der apokalypse des johannes wurde erst in französisch von einem frère und dann in deutsch von mir vorgetragen. das musste ich erst mal realisieren: ich trage in dieser ehrwürdigen und berühmten kirche mitten in frankreich einen bibeltext vor! und anschliessend bekomme ich ganz exklusiv einen (fast) individuellen pilgersegen. zum ausklang höre ich in der fast dunklen kirche noch dem orgelspiel zu.

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meine kolleginnen und kollegen

meine kolleginnen und kollegen der brüder-grimm-schule haben ab morgen die nächsten 11 tage gewählt. an dieser stelle ein ganz herzliches dankeschön für euren beitrag zu ‚meinem‘ projekt.

da dies ja auch mein weg in den ruhestand ist, möchte ich diese beiden dinge miteinander verbinden. ich möchte mir für jeden tag eine/n wählen, die/der für diesen tag mein weg-begleiter sein wird. ich möchte meine zeit mit ihr/ihm mir noch einmal anschauen, nach-denken, nach-spüren und auf diese guten zeiten dankbar zurück-schauen.

ehrenrunde…

französische städte sind nicht besser als spanische. es gibt auch hier probleme beim rein finden und beim raus gehen. hinzu kommen (zeitweilige) unzulänglichkeiten oder nachlässigkeiten der pilgerin – hier des pilgers.

von figeac aus auf den camino rückwärts. ein blick auf den stadtplan, den ich gestern bekommen habe, zwei straßennamen gemerkt und los gehts! zeichen sind da, also denen nach. eigentlich sollte es steil bergauf gehen, momentan steigt es eigentlich sehr gemütlich an – da vorne wirds schon steiler. die richtigen (!) zeichen werden weniger, irgendwann gibt es nur noch ausgebleichte älteren datums. die verwunderung weicht dem zweifel.  da kommen die einheimischen gerade richtig. und sie erklären mir frank und frei, dass die die falsche richtung und die einzige möglichkeit der weg zurück nach figeac sei. vier kilometer sei er schon ausserhalb. puuhh! das haut den stärksten pilger um. dnr regen nimmt man da nicht mehr wahr.

also 4 km retour auf start und mit 8 km mehr noch einmal beginnen. die eigene karte nochmal richtig angeschaut, und schon sind die gleichen zeichen auf einem sehr steilen, aber richtigen weg da. oben angekommen scheitert der versuch eine näher liegende herberge zu reservieren. den stärker werdenden regen nehme ich jetzt schon sehr deutlich wahr im wissen, dass nicht nur die 8 vorher, sondern noch weitere 6 km dazu kommen.

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aber alles hat seinen sinn… ich lande des abends in einer (eigentlich geschlossenen) herberge und treffe dort einen französischen pilger. in englisch unterhielten wir uns über sehr tiefsinnige, fast philosophische erkenntnisse des zurück-caminos (auch er stellt sich als rückwärts-pilger heraus), wie menschen sich verändern können und was erziehung  bewirkt. die krönung des abends ist dann ein kleines jazz-konzert in einer benachbarten bar. da vergesse ich doch glatt die acht umsonst-kilometer.

herbergssuche

das bett, das ich heute verlassen habe, das habe ich – wie alle  bisher – irgendwann um die mittagszeit telefonisch reserviert. „bonjour, ici est n.g., un pelerin allemand. je voudrais réserver un lit pour ce soir…“ – in der hoffnung zu verstehen, was die französin am anderen ende der leitung antwortet. schlüsselwörter sind fermé bzw. ouvert und complet bzw. d’accord oder bien sûr.

heute habe ich wieder mehrfach mein sprüchlein aufgesagt und nur ansahen bekommen. da eine stadt mein ziel war, bin ich mal drauf los gelaufen und habe das touristenbüro anvisiert. dort habe ich echte pilger-hilfe bekommen. die dame hat gleich versucht telefonisch zu reservieren, aber niemanden erreicht. schliesslich kennzeichnete sie mir die zwei herbergen im stadtplan und zur sicherheit noch zwei günstige hotels dazu. die erste herberge war an der angezeichneten stelle (für mich) nicht auffindbar. bei der zweiten sah ich, dass ich da angerufen und ein fermée bekommen hatte. ich klingelte also ganz erwartungsvoll. den herrn, der oben unterm dach aus dem fenster schaute, fragte ich nach einer schlafmöglichkeit. kurz darauf öffnete sich die haustür und kurze zeit später hatte ich ein bett sicher.

 

bettwanzen

in manchen herbergen bzw. chambre d’hôtes in frankreich sieht die pilgerin hefter mit gefüllten klarsichthüllen liegen. titel: punaises – bettwanzen. von der historie über biologische infos bis hin zu zeitungsausschnitten und gegen- bzw. hilfsmassnahmen sind darin enthalten. sie sind gefürchtet bei pilgerinnen und herbergsbetreiberinnen. sie sind tückisch und aus menschlicher sicht nahezu hinterhältig. denn sie sind sehr  lichtscheu und überlebenstüchtig. wenn sie sich in einem herbergsbett eingenistet haben, hilft oft nur noch die chemische keule. legt sich eine pilgerin in ein ‚infiziertes‘ bett, dann muss sie damit rechnen, dass des nachts die tierchen auf nahrungssuche sie mehrfach anpieksen. das sieht (aufgereihten) schnakenstichen ähnlich, juckt aber heftiger und länger. zwar gibt es einiges dagegen, aber eine ‚behandlung‘ ist einfach lästig.

daher haben die herbergen zu den unterschiedlichsten massnahmen gegriffen. erstes gebot: keinen rucksack auf ein bett! weil das nicht so gut kontrolliert werden kann, gilt oftmals die strikte trennung von rucksack und schlafraum. die pilgerin erhält des ein körbchen oder eine tasche, worin sie ihre 7-schlaf-sachen in den schlafraum mitnehmen kann – der rucksack bleibt im eingangsbereich, im keller oder sonst einem raum. letztlich ist es so, das der ‚gepiekste‘ der leid tragende ist, aber beim vor/vorgänger das eigentliche problem lag.

ein ganz normaler tag

mein tag beginnt – wer hätte das gedacht (ich selbst am wenigsten!) – indem mich mein wecker eine gute halbe stunde vor dem sonnenaufgang leise aus dem schlaf brummt. seitdem in hoch-zeiten des camino-pilgerns regelmässig handys die grossen und kleinen schlafräume weckten, ist das meine abends grundsätzlich auf brummen (vibrieren) gestellt. es kommt aber öfters vor, dass ich vor meinem brummer schon wach bin. aufstehen, toilette und bad folgen. auf nüchternen magen wird der rucksack gepackt. nach dem verlassen der schlafstätte geht es richtung frühstückstisch. immer gut gestärkt (es ist eigentlich immer nur eine frage des was) ist es dann ein leichtes sich den rucksack aufzuerlegen. je nach dem wie freundschaftlich und herzlich der gemeinsame abend war, ist dann auch der abschied… (heute morgen zum beispiel war er mit ‚meiner‘ soeur andrée sehr herzlich und fröhlich.

nun folgt das eigentliche tagwerk: gehen. und schauen, wo welche weg-zeichen sind. dazwischen sinniere ich über die menschen, die ich getroffen habe, spüre den situationen nach und freue mich über die schönen augenblicke. ich lasse gedanken und gefühle kommen und gehen. und dann fällt mir ein, dass ich ja auch noch schauen sollte, ob ich mich noch auf dem rechten weg befinde. ich halte sehnsüchtig ausschau nach dem nächsten zeichen und bin froh, wenn eines auftaucht (und sei es auch nur das gekreuzte ‚verbotener weg‘). die freude ist gross, wenn – wie heute morgen – auf dem weg ein café auftaucht – und sei es auch nur ein kleiner laden, in dem eine kaffeemaschine steht. dann ist zeit für ein zweites frühstück.

was danach folgt ist klar: rucksack auf und weiter gehts. je nach wegbeschaffenheit langsamer oder zügiger, und auf asphalt gezügelter. am schönsten sind die trampelpfade durch die wälder. da lerne oder wiederhole ich dann auch französische vokabeln. die wichtigen notiere ich mir zwischendurch in einem hosentaschen-blöckchen im format DIN-A-7. und schliesslich stimme ich zwischendurch auch ein liedchen an.

heute habe ich gerade noch so wirklich 5 vor 12 noch meine ehrwürdigen ausgegangen schuhe auf die post gebracht. zuhause sollen sie einen ehrenplatz wie auch immer bekommen. damit meine neuen sich nicht zu sehr an den füssen reiben, habe ich auch noch blasenpflaster eingekauft. letztendlich habe ich die kirchentür offen stehen sehen. drinnen habe ich dankbar an liebe menschen gedacht, die mich begleiten oder die ich getroffen habe und habe gegen die widerwärtigkeiten, an denen sie gerade leiden ein kerzlein angezündet. irgendwann um die mittagszeit versuche ich meine französischen kenntnisse telefonisch anzubringen, indem ich mir ein bett für die kommende nacht reserviere.

aber ich möchte ja weiter kommen. also gehe ich wieder auf den weg, und nur ein schönes motiv, das mir vor die augen kommt, stoppt mich. dann wird die kamera gezückt und der auslöser gedrückt. so habe ich zum wiederholten mal esel getroffen. es ist einfach schön wie diese ruhigen und gemütlichen tiere mich mit ihren grossen augen anschauen und mit ihren übergrossen lauschern wackeln.

das ende eines tages wird mit herbergssuche eingeläutet. es ist ein ritual: schuhe aus, vorstellen der häuslichen infrastruktur, information über  mahl-zeiten, bett belegen, duschen, fusspflege, wäsche waschen, standort-SMS nach hause schicken, tageskilometer notieren und nächste wegstrecke anvisieren.

örtliche gegebenheiten wie nette hospitalieros und/oder pilgerinnen oder alleiniger bewohner, wlan und/oder direktes internet oder gar nichts – das bestimmt den restlichen teil des tages. nach dem essen (in grösseren herbergen beim ankommen) bekommt die pilgerin den stempel und entrichtet ihren finanziellen beitrag für die herberglichen dienstleistungen – entweder vorgegeben oder auf spendenbasis (donativo).

ganz am ende – natürlich: zähne putzen und wecker stellen.

 

 

 

11.11. – was für ein tag?!

was verbinden wir deutschen mit dem 11.11.? – genau: faschingsbeginn um 11.11!

halt, das wars noch nicht: da gibt es noch die martins-gans und den martins-umzug mit laternenlaufen. am 11.11. ist das fest des hl. martin (herzlichen glückwunsch zum namenstag!)

und wie geht es dem deutschen in frankreich? ich habe weder narren gesehen noch hellau gehört. ich habe keinen gänsebraten gerochen und keine laternenlichter gesehen, auch keine martins-lieder von kindern singen hören.

nichts! wirklich nichts! gut – in der jugendherberge hat eine stunde früher als meines ein anderes mich geweckt und es gab ein ordentliches frühstück.

danach war alles ein satz mit x! es war schon auffallend, dass es – für mittwoch – keinen autoverkehr gab und keine leute auf der strasse waren. die post war zu – ich wollte doch meine 2600-km-schuhe als wertpaket nach hause schicken. und weil mein créanciale (carnet de pelerin, dt: pilger-innen-stempel-sammel-heft) gefüllt war, wollte ich in dieser für mich so wichtigen stadt cahors mir ein neues besorgen. alle kirchen und kirchenleute schienen mit was anderem beschäftigt zu sein.

in frankreich ist der 11.11. ein grosser feiertag. da steht ganz viel still. da wird der sieg über – nein, ganz falsch. an diesem tag feiert fast ganz frankreich das ende des ersten weltkrieges. sogar heute noch sind dann ältere honoratioren mit geschwellter und abzeichen-behangener brust im kirchenraum zu finden.

christian, ein französischer mitpilger geht mit mir dafür einen kaffee trinken. schon vorher hat er auf der suche nach dem créanciale mich durch die klippen des französischen feiertags gesteuert.

der folgende höhe-punkt liegt ca. 150 m über cahors. so hoch gehts hinaus über das lot-tal und das auf sehr kurzer wegstrecke, also gnadenlos steil. was dann später als ganzjährig geöffnet angeschrieben steht, stellt sich als verschlossen heraus. statt café au lait gibt es reines trinkwasser und statt einem croissant o.ä. gibt es altes brot (aber das muss ja auch weg).

meine heutige übernachtung habe ich wieder telefonisch geschafft. die monastère liegt einen guten kilometer abseits des weges, aber dieses kloster soll gut sein – so hört man öfters von pilgerinnen und hospitalières. ich  jedoch stehe vor verschlossenen türen. nach einigem warten rufe ich an, aber irgendwie ist das netz überfordert. nach einigem weiteren warten kommt ein auto vor gefahren, dem eine freundliche frau entsteigt, die sich zuerst einmal entschuldigt.

mit ihr bekommt der tag doch noch eine positive wendung. mir werden ein tee und kekse serviert. ich bekomme ein zimmer, das sich als einzelzimmer entpuppt und eine sehr moderne dusche hat. meine neuen blasen sind vergessen, als ich im convent zusammen mit ca. 25 frommen und freundlichen französischen frauen zu abend esse – quasi als hahn im korb. weil ich der einzige pilger heute bin, bekomme ich zudem die nahezu ungeteilte aufmerksamkeit von soeur andrée, die sich sehr bemüht meine begrenzte sprachkenntnis durch zuvorkommende gastfreundlichkeit auszugleichen.

was für ein tag – dieser 11.11.2014

cahors!

wenn sahagun auf meinem weg nicht ganz so den guten klang hat (hier mussten renate und ich im letzten jahr aufhören, und wären gerne weiter gelaufen. und hier wurde ich zu meiner mutter zurück gerufen), so hat cahors auf meinem weg den guten klang.

hier haben vorletztes jahr renate und ich angefangen den camino zu laufen. und damals haben wir das wirkliche pilgern begonnen. die strecke von zuhause nach cahors mit fahrrad und zelt war wunderbar, aber (für mich) nicht so recht das echte pilgern. zu fuss gehen ist langsamer und bedächtiger, als fuss-pilgerin siehst du mehr, hörst du mehr, riechst du mehr.  cahors haben wir 2004 mit dem fahrrad kennen gelernt und wir haben 2012 cahors mit dem verspäteten zug spät in der nacht  erreicht, um am nächsten tag richtung santiago aufzubrechen.

in cahors haben wir damals andré zum ersten mal gesehen, wie er über die lot-brücke ging.

und heute war ich nun wieder in cahors!

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im hotel

es gibt orte auf dem jakobsweg, da wird es in der nebensaison schwierig ein bett zu finden. zum glück gibt es in frankreich den miam-miam-do-do (dt: essen-essen-schlafen-schlafen), der jedes jahr aktualisiert herausgegeben wird. darin sind sehr viele übernachtungsmöglichkeiten aufgeführt. diesen miam-miam-do-do, den sehr viele französische pilgerinnen verwenden, habe ich mir bei meiner ankunft in frankreich besorgt.

wenn ich abends in einer herberge ankomme, und dann in die etappe des nächsten tages schaue, geht der blick auch in das herbergsverzeichnis des miam. zuerst schaue ich nach den pilger-herbergen (gites, auberges) und ob sie auch das ganze jahr offen sind (viele schliessen mitte oktober). die zweite präferenz sind dann die chambre d’hotes (die zimmer mit familienanschluss). beide möglichkeiten der übernachtung sind gesellig, persönlich und individuell. hier treffe ich in der regel andere pilger oder kann mit den hausleuten kontakt haben. ausserdem sind sie preislich günstig.

die letzte kategorie sind die hotels – die sind in der regel teuer und unpersönlich. dafür habe ich da meistens den grössten komfort. gestern mittag waren (wochenende) alle verfügbaren gites geschlossen und die chambre d’hotes waren alle belegt. da blieb mir nur das hotel übrig.

gut – das zimmer war gemütlich und ich habe mich ausgebreitet! richtig ausgebreitet! schlafsack und  das zusammengerollte pilger-handtuch gelüftet. ich habe das ganze zimmer in beschlag genommen. und ich habe ‚mein bad‘ ausgenutzt, auch wenn die dusche eine badewanne war.

das essen war gut und ich konnte auch noch danach in meinem badezimmer nase-weise daran teilhaben.

vielleicht war das ein grund dafür, dass ich am morgen danach etwas mehr an geldscheinen auf den kleinen rezeptionstisch legen musste. ein gespräch (oder diskussion) habe ich mir verkniffen. (wie heisst die alte reise- weisheit: wer wenig worte kennt, bezahlt etwas mehr.)

wie weihnachten

der tag begann mit Therese! nach dem frühstück kam sie zur tür herein und überreichte mir ein längliches und sehr schlankes paket. allen war klar, was es beinhaltete. meine renate hatte weder mühe noch kosten gescheut und mir meinen stock – den ich bei meinem heimat-aufenthalt, als meine mutter starb, vergessen hatte – nach frankreich geschickt! wg. postalischer irritationen hatte mir Therese schon vorher ein päckchen hinterher gefahren. für sie war es – so wie sie es mir sagte: ein freundschafts-dienst für jakobspilger.

und nun dieser nochmalige freundschafts-beweis! Therese wollte unbedingt wissen, in welcher herberge ich wo übernachte, weil sie wusste, dass noch ein paket unterwegs war. in ihrer ureigenen herzlichen art bekam ich es nun von ihr überreicht. als antwort auf meinen dank dafür stimmte sie das lied der (französischen) pilger an, das sie auch bei anderen anlässen sang: tous les matins nous prenons le chemin, tous les matins nous allons plus loin … – ultreja! und ich konnte nun meinen weiteren weg mit der unterstützung meines stockes fortsetzen.

noch etwas weiteres sollte meinen weiteren weg unterstützen: wintertaugliche wanderschuhe. nachdem ich schon vor ein paar tagen bemerkte, dass bei beiden schuhen nähte aufgeplatzt waren, wollte ich einen schuster auf/suchen. der in moissac entdeckte noch weitere heiklere ‚verletzungen‘ und schickte mich in ein fachgeschäft für wanderschuhe. dort stand im regal ein paar, das wohl auf mich gewartet hat. die grösse stimmte, die füsse passten gut rein – nach mehreren rundläufen im geschäft zog ich sie gar nicht mehr aus und trug die ‚alten‘ in die herberge.

dieser tag begann also mit zwei neuen sehr wichtigen pilger-utensilien: stock und schuh. ein guter tagesbeginn, den die sonne dann noch fortsetzte.

asphalt, zum zweiten

dieser weg konnte kein weiter sein. von vorn herein war mir klar, er wird eben und gerade sein wie in der meseta. er wird allerdings durch alleen und an einem kanal entlang führen.

ABER: er wird durch-gehend asphalt sein. er war die generalprobe für zweierlei: wird mein rechtes bein solche wegstrecken wieder schaffen? vor allem aber werde ich die not-wendige langsamkeit über die ganze strecke durchhalten? und wir beide haben es sehr gut geschafft. ohne probleme kamen wir in moissac an. sicher hat dazu auch ein bild eines pilgers mit beigetragen, der mir entgegen kam: die seele fliegt gern voraus, besonders wenn es der heimat zugeht. die füsse sind aber dem boden verhaftet. da braucht die seele geduld um achtsam mit den füssen sein zu können.

nur der regen hat mich und meine schuhe etwas stärker beansprucht. der schuhmacher in moissac konnte nichts mehr reparieren. nun musste vollbracht werden, was der heran nahende winter sowieso verlangt hätte: neue wanderschuhe kaufen. und in moissac haben sie im regel auf mich gewartet. ich habe sie gesehen und anprobiert. nach einigen rundgängen im schuhladen waren es meine – und ich habe die sie dort auch gleich an den füssen gelassen.

 

 

 

 

die schnelle post von miradoux

heute haben Therese und ich versucht, die unendlichen tiefen der deutsch-französischen postalischen partnerschaft zu ergründen. unser versuch ist gescheitert. zur EU-internen paket-recherche benötigt man/frau eine nummer, die liegt aber in deutschland auf einem schreibtisch (morsbach), der gerade unbesetzt war. aber der post-computer miradoux war ausser funktion, was die sofortige nummern-recherche erübrigte.

das war Thereses alternative: auf dem weg zum nächsten etappenziel gehe ich bei der nächsten grösseren stadt auf die post und recherchiere dort. das ergebnis gebe ich ihr telefonisch durch (ggf. per übersetzung mit hilfe von andré, einem des englischen mächtigen franzosen).

ich zog also – mit ultreja und winken begleitet – von dannen. es war gerade eine stunde vergangen, als ich auf der strasse vor mir ein auto bemerkte, das etwas eigenartige fahrmanöver durchführte. anhalten, in waldeinfahrt einbiegen, wenden, auf mich zufahren und anhalten. dem auto entstieg Therese und übergab mir freudestrahlend das päckchen. da ich wusste, das ein teil des inhalts für sie bestimmt war, öffnete ich es gleich. die künzelsauer pralinen übergab ich ihr, den rest versuchte ich in meinem rucksack unterzubringen. mit ultreja fuhr sie fröhlich zurück und – weil ich auf die schnelle nicht alles im rucksack unterbrachte – ich zog mit einer schachtel unterm arm fröhlich weiter meines weges.

 

 

vorweihnachtliche anspannung

manchmal läuft hier recht viel. nicht dass ich viele kilometer am tag unterwegs bin. das ist gerade aus ‚beinlichen‘ gründen eher weniger (ich habe gelernt kürzer zu treten!)

manchmal läuft drum herum recht viel, z. b. in der herberge. – und manchmal ist Internet-mässig gar nicht viel los. und manchmal gibt es kein wifi und im französischen land ist der mobile internet-empfang sehr dürftig. das sind die gründe dafür, dass manche tage auf sich warten lassen.

heute  war bei mir viel los. ich bin heute gelaufen und habe mich gefühlt wie ein kind zwei tage vor weihnachten. ziel war miradoux, die stadt in der die herberge ‚La Pause Verte‘ ist – und Therese. im laufe des vormittags telefoniere ich in der regel und melde mich in der abendlichen herberge an. auch in der grünen pause habe ich das so gehalten und bei zwei nummern auf dem anrufbeantworter meine anfrage hinterlassen. in der regel melden sich die hospitalieras und bestätigen oder nicht. Therese nicht – sie hat auch keine gite – wie sie mir später erklärte – sie hat une maison. ich wartete und wartete – vergeblich.

ich wartete vor allem aber, weil ich wusste, dass renate ein päckchen (mit einem mir noch fehlenden wanderführer und neuen socken) und meinen stock zu ihr geschickt hatte. hatte die zusammenarbeit der deutschen und französischen post geklappt? dann müsste beides jetzt bei Therese liegen.

ich kam an und bekam mein zimmer. aber ich bekam statt dem paket ’nur‘ obst und tee angeboten. die zusammenarbeit hatte also nicht funktioniert und die enttäuschung war mir vermutlich anzumerken. mir ging es wie einem kind, das die falschen weihnachtsgeschenke bekommen hat. auch wenn der camino für vieles eine lösung bietet und Therese mir ein einfaches, aber ganz fantastisches abendessen angeboten hatte, konnte ich den tag nur halbwegs beruhigt abschliessen.

auf dem weg mit mehr frei-zeit und für benachteiligte menschen, vor allem kinder und jugendliche